Allgemeine Infos

Das Konzept ist wie folgt:

  • Wir schauen uns die Theorie zu den Prüfungsrelevanten Themen an und ich zeige euch kurz, wie ihr diese an typischen Prüfungsaufgaben anwenden könnt.
  • Zum Schluss jedes Themas gibt es einen 'Understandometer'. Gebt mir da doch Rückmeldung, damit ich weiss ob etwas unklar geblieben ist und dies in eine Repetitions-Session packen kann.
  • Da ihr an der Prüfung selbst Aufgaben lösen müsst und nicht nur die Lösung von anderen verstehen sollt werde ich zu jedem Thema Aufgaben zusammensuchen oder erstellen. Ihr bekommt kurz Zeit dafür diese zu lösen und wir besprechen sie danach.
  • Auch hier gibt es jeweils einen 'Understandometer', damit kann ich beobachten wie weit ihr gekommen seid.
  • Die Lösungen werden jeweils kurz vor der Besprechung freigeschaltet. Auch hier gibt es einen 'Understandometer', wo ihr angeben könnt wie gut ihr die Lösung verstanden habt.
  • Bei Fragen meldet euch jederzeit! Hier könnt ihr auch anonym Fragen stellen oder Feedback geben.

Theorie

Hier wird die in den Präsenz-Stunden präsentierte Theorie zusammengefasst.

Morgen 1 - Definitionen & Grundlagen

Geschwindigkeit

  • Umsatzgeschwindigkeit: Wie viel Stoffmenge wir pro Zeit umgesetzt:

$$ v^{ums}_i = \frac{1}{\nu_i} \dd{n_i}{t} $$

Dabei ist $\nu_i$ die der stöchiometrische Koeffizient des Stoffes $i$ in der Reaktionsgleichung und $n_i$ die Stoffmenge des Stoffes $i$.

  • Reaktionsgeschwindigkeit: Wie schnell die Konzentration eines Stoffes sich ändert:

$$ v^{rnx}_i = \frac{1}{\nu_i} \dd{c_i}{t} $$

  • Zusammenhang zwischen Umsatzgeschwindigkeit und Reaktionsgeschwindigkeit:

$$ v_i^{rxn} = v_i^{ums} \cdot \frac{1}{V} $$

Also einfach durchs Volumen $V$ teilen.

Ab hier werden wir $v_i^{rxn}$ als $v_i$ oder sogar nur $v$ schreiben, da wir die Umsatzgeschwindigkeit grundsätzlich nicht benötigen.

Stöchiometrische Koeffizienten

  • Stöchiometrische Koeffizienten sind die Zahlen vor den Stoffen in der Reaktionsgleichung.

  • Mache aus dem Pfeil $\rightarrow$ ein Gleichheitszeichen $=$

  • Alles auf die rechte Seite des Gleichheitszeichens schreiben. Die Edukte haben per Konvention ein negatives Vorzeichen.

$$ \begin{aligned} A+B &\rightarrow C+D \\ A+B &= C+D \\ 0 &= -A-B+C+D \end{aligned} $$

Beispiel: Schreibe die Geschwindigkeit der unteren Reaktion auf $$ A+B \rightarrow 2C $$

  1. Koeffizienten bestimmen:

$$ \nu_A = -1, \nu_B = -1, \nu_C = 2 $$

  1. Geschwindigkeitsdefinition aufschreiben:

$$ v = - \dd{c_A}{t} = - \dd{c_B}{t} = + \frac{1}{2} \dd{c_C}{t} $$

Geschwindigkeitsgesetze

Diese Form gilt eigentlich nur für Elementarreaktionen, aber wir haben sowieso nur diese in der Vorlesung behandelt:

$$ v = k \cdot c_A^{|\nu_A|} \cdot c_B^{|\nu_B|} \cdot c_C^{|\nu_C|} \cdot ... = k \cdot \prod_{i=1}^n c_i^{|\nu_i|} $$

für eine Reaktion:

$$ \nu_A A + \nu_B B + \dots \rightarrow \dots $$

Es gehen also nur die Konzentrationen der Edukte in das Geschwindigkeitsgesetz! Die Produkte spielen hier keine Rolle.

Kombinieren von Reaktionen

Haben wir nicht mehr eine einfache Reaktion, die nur in eine Richtung geht, sondern z.B. eine Reaktion mit Rückreaktion, so können wir die Geschwindigkeitsgesetze einfach addieren.

Beispiel Rückreaktion

$$ \ce{A + B <=>[k_{-1}]{k_1} C + D} $$

Das können wir auseinanderbauen zu zwei Elementarreaktionen:

$$ \begin{aligned} \ce{A + B &->[$k_1$] C + D} \\ \ce{C + D &->[$k$_{-1}] A + B} \end{aligned} $$

Schreibe nun zuerst die Geschwindigkeitsgesetze der einzelnen Reaktionen auf:

$$ \begin{aligned} v_1 &= \dd{c_A}{t} &= - k_1 \cdot c_A \cdot c_B \\ v_{-1} &= \dd{c_C}{t} &= - k_{-1} \cdot c_C \cdot c_D \end{aligned} $$

Nun addieren wir die Geschwindigkeitsgesetze, wobei wir die Geschwindigkeiten der Rückreaktion mit einem Minuszeichen versehen:

$$ \dd{c_A}{t} = v_1 - v_{-1} = - k_1 \cdot c_A \cdot c_B + k_{-1} \cdot c_C \cdot c_D $$

Intuitiv: Die Geschwindigkeit der Rückreaktion ist proportional zur Konzentration der Produkte, die Geschwindigkeit der Vorwärtsreaktion ist proportional zur Konzentration der Edukte.

Beispiel Konkurrenzreaktion

$$ \begin{aligned} \ce{A + B &->[k_1] C} \\ \ce{2A &->[k_2] D} \end{aligned} $$

Auch hier stellen wir die einzelnen Geschwindigkeitsgesetze auf:

$$ \begin{aligned} v_1 &= \dd{c_A}{t} = - k_1 \cdot c_A \cdot c_B \\ v_2 &= \frac{1}{2} \dd{c_A}{t} = - k_2 \cdot c_A^2 \end{aligned} $$

Und addieren sie:

$$ \dd{c_A}{t} = v_1 + 2 v_2 = - k_1 \cdot c_A \cdot c_B - 2 k_2 \cdot c_A $$

Nanu, woher kommt der Faktor $2$ bei $k_2$? Die Geschwindigkeit der Reaktion 2 muss doppelt gewichtet werden, da wir zwei Moleküle A verbrauchen!

Beispiel Atomrekombinationen

Bei Atomrekombinationen benötigen wir nicht mehr nur die Edukte, sondern auch einen Stosspartner, damit die Reaktion möglich wird. Sonst haben die Produkte zu viel Energie und zerfallen gleich wieder/entstehen gar nicht wirklich.

$$ \begin{aligned} H+H+H &\xrightarrow{k_1} H_2+H \\ H+H+H &= H_2+H \\ 0 &= -2H + H_2 \\ \end{aligned} $$

Somit finden wir die stöchiometrischen Koeffizienten $-2$ für H und $1$ für $H_2$. Das Geschwindigkeitsgesetz lautet dann:

$$ v = - \frac{1}{2} \dd{c_H}{t} = k_3 \cdot c_H^3 $$

Hier ist es also etwas anders als bei den obigen Reaktionen, da dies keine Elementarreaktion ist. Die Atomreaktion ist aber der einzige in der Vorlesung betrachtete Fall.

Reaktionsordnung

Die Reaktionsordnung ist nur definiert für Reaktionen, die ein Geschwindigkeitsgesetz der Form

$$ v = k \prod_{i=1}^n c_i^{m_i} $$

haben. Die Reaktionsordnung ist dann einfach die Summe der Exponenten:

$$ \sum_{i=1}^n m_i $$

Vorher war $m_i$ immer $|\nu_i|$, aber das gilt nur für Elementarreaktionen! Die Reaktionsordnung ist jedoch eine experimentell bestimmte Grösse und somit können die $m_i$ beliebige (nicht mal unbedingt ganze!) Zahlen sein. Die Reaktionsordnung kann auch nur für einen Stoff definiert sein, falls die Geschwindigkeit nur zu dessen Konzentration proportional ist (siehe Beispiel unten).

Beispiel Ablesen Reaktionsordnung

Betrachten wir das Geschwindigkeitsgesetz

$$ v = k_1 \cdot c_A^2.3 \cdot c_B + k_2 \cdot c_A \cdot c_B $$

So lässt sich nur $c_B$ ausklammern und wir erhalten:

$$ v = c_B \cdot (k_1 \cdot c_A^{2.3} + k_2 \cdot c_A) $$

Damit ist die Reaktionsordnung von $B$ einfach $1$. Die Reaktionsordnung von $A$ ist nicht definiert, da $c_A$ nicht komplett ausgeklammert werden kann.

Molekularität

Definition: Anzahl Teilchen, die beim "essenziellen/wesentlichen" Schritt der Reaktion miteinander interagieren. Wir kennen wie Fälle:

  • Unimolekular (Monomolekular)
  • Bimolekular
  • Trimolekular (Atomrekombinationen)

Beispiel Molekularität

$$ H+H_2O+CO_2 \xrightarrow{k} H_2CO_3 + H $$

Diese Reaktion ist bimolekular, da nur $H_2O$ und $CO_2$ miteinander reagieren. $H$ ist nur ein Stosspartner. Die Ordnung der Reaktion hingegen ist irgendwas zwischen $2$ und $3,$ da $H$ als Stosspartner in das Geschwindigkeitsgesetz eingehen kann.

Aber wie mache ich jetzt das Geschwindigkeitsgesetz? Naja, definiere einfach einen Parameter $m \in [0,1]$ und schreibe das Geschwindigkeitsgesetz auf:

$$ v = - \dd{c_{H2O}}{t} = k \cdot c_{H_2O} \cdot c_{CO_2} \cdot c_H^m = k' \cdot c_{H_2O} \cdot c_{CO_2} $$

mit $k' = k c_H^m$.

Dimension und Einheit von $k$

Die Dimension der Reaktionsgeschwindigkeit $v$ muss immer:

$$ dim(v) = \frac{\text{Konzentration}}{\text{Zeit}} \equiv \frac{\text{mol}}{\text{s} \cdot \text{L}} $$

betragen. Damit dies erfüllt wird, muss die Einheit von $k$ immer:

$$ dim(k) = \frac{\text{Konzentration}}{\text{Zeit} \cdot \text{Konzentration}^m} \equiv \frac{1}{\text{s} \cdot \left( \frac{\text{mol}}{\text{L}} \right)^{m-1}} $$

sein. Die Einheit von $k$ ist also abhängig von der Reaktionsordnung $m$.

Mögliche Bedingungen/Vereinfachungen beim Aufschreiben von Gesetzen

  • Überschuss: $[A]_0 \gg [B]_0 \Rightarrow c_A(t) = [A]_0$
  • Gleiche Anfangskonzentration:

$$ [A]_0 = [B]_0 \Rightarrow c_A(t) = c_B(t) \Rightarrow v = - \dd{c_A}{t} = k c_A c_B = k c_A^2 $$

Lösen von Geschwindigkeitsgesetzen

Mach dir eine Tabelle auf die Zusammenfassung für die Prüfung!

Beispiel

Betrachte die Reaktion

$$ A+B \xrightarrow{k} \text{Produkte} \qquad \text{ mit } [A]_0 = [B]_0 $$

Finde eine Formel für $c_A(t)$.

1. Schreibe das Geschwindigkeitsgesetz auf:

$$ v = - \dd{c_A}{t} = k \cdot c_A \cdot c_B = k \cdot c_A^2 $$

2. Löse die Differentialgleichung:

$$ \begin{aligned} \dd{c_A}{t} &= - k \cdot c_A^2 \\ \int_{c_A(0)}^{c_A(t)} \frac{1}{c_A^2} \dd{c_A}{t} &= - k \int_0^t \dd{t} \\ \frac{1}{c_A(0)} - \frac{1}{c_A(t)} &= - k t \\ \frac{1}{c_A(t)} &= \frac{1}{c_A(0)} + k t \\ c_A(t) &= \frac{1}{\frac{1}{c_A(0)} + k t} \\ c_A(t) &= \frac{c_A(0)}{1 + k c_A(0) t} \end{aligned} $$

Solche Rechnungen sind unter Prüfungsbedingungen natürlich nicht einfach, deswegen empfehle ich das auf die Zusammenfassung zu klatschen.

Halbwerts-, Lebens- und X-Zeit

Auch hier gehören die Formeln für die verschiedenen Gesetze auf die Zusammenfassung.

Halbwertszeit

Die Halbwertszeit ist die Zeit, die vergeht, bis die Hälfte des Edukts umgesetzt ist. Mathematisch wird das wie folgt ausgedrückt:

$$ c_A(t_{1/2}) = \frac{1}{2} c_A(0) $$

Lebenszeit

Die Lebenszeit ist die Zeit, die vergeht, bis $1/e$ des Edukts umgesetzt ist. Sie wird mit $\tau$ bezeichnet und kann wie folgt ausgedrückt werden:

$$ c_A(\tau) = \frac{1}{e} c_A(0) $$

X-Zeit

Die X-Zeit ist die Zeit, die vergeht, bis $1/X$ des Edukts umgesetzt ist und ist analog zu den obigen definiert.

Radioaktiver Zerfall

Beim radioaktiven Zerfall ist das Geschwindigkeitsgesetz besonders einfach:

$$ v = - \dd{c_A}{t} = k \cdot c_A $$

und die X-Zeit lässt sich direkt ablesen:

$$ t_{1/X} = \frac{\ln(X)}{k} $$

Allgemeinere Formeln

Für eine etwas allgemeinere Reaktion der Form

$$ A+B+C+\dots \xrightarrow{k} \text{Produkte} \qquad \text{ mit } [A]_0 = [B]_0 = [C]_0 = \dots $$

erhalten wir das Geschwindigkeitsgesetz

$$ v = - \dd{c_A}{t} = k \cdot c_A \cdot c_B \cdot c_C \cdot \dots = k \cdot c_A^m $$

wobei $m$ die Reaktionsordnung ist. Die Halbwertszeit beträgt dann:

$$ t_{1/2} = \frac{2^{m-1}-1}{c_0^{m-1} \cdot k \cdot (m-1)} $$

oder in linearisierter Form

$$ \ln(t_{1/2}) = \ln(\frac{2^{m-1}-1}{k\cdot(m-1)}) + (m-1) \ln(c_0) $$

was wir später noch brauchen werden.

Quasistationarität und Vorgelagertes Gleichgewicht

Quasistationarität

Die Quasistationarität ist eine Vereinfachung, die wir machen können, wenn ein Stoff etwa gleich schnell gebildet wie er wieder abgebaut wird. Dann ist die Konzentration des Stoffes in etwa konstant

$$ \dd{c_A}{t} \approx 0 $$

und wir können dies in das Geschwindigkeitsgesetz einsetzen

$$ v = k \cdot \dots \approx 0 $$

Dies ist aber nicht zu verwechseln mit $c_A(t) \approx 0$, die Konzentration des Stoffes $A$ ist nicht null, aber verändert sich nicht.

Vorgelagertes Gleichgewicht

Ein vorgelagertes Gleichgewicht ist eine Situation wie

$$ \begin{aligned} A &\xrightleftharpoons[k_{-1}]{k_1} B \\ B &\xrightarrow{k_2} C \end{aligned} $$

wobei die erste Reaktion im Gleichgewicht ist, d.h. Vor- und Rückreaktion finden gleich schnell statt:

$$ k_1 \cdot c_A = k_{-1} \cdot c_B $$

Dies können wir umformen zu

$$ \frac{k_a}{k_b} = \frac{c_B}{c_A} = K $$

was als Gleichgewichtskonstante $K$ bezeichnet wird. Je nach Situation kann und das weiterhelfen.

Nachmittag 1 - Zustandssummen & TST

Freiheitsgrade

Für ein Molekül aus $N$ Atomen sind die (verschiedenen Arten von) Freiheitsgraden gegeben durch:

Form $F_{rot}$ $F_{vib}$ $F_{trans}$ $F_{tot}$
linear $2$ $3N-5$ $3$ $3N$
nicht-linear $3$ $3N-6$ $3$ $3N$
Übergangszustand linear $2$ $3N-5-1$ $3$ $3N-1$
Übergangszustand nicht-linear $3$ $3N-6-1$ $3$ $3N-1$

Im Übergangszustand gibt es einen Freiheitsgrad weniger, da er durch die Festlegung der Reaktionskoordinate 'verbraucht' wurde.

Energie und Zustandssummen

Vibration

Betrachten wir Vibration, so nehmen wir immer einen harmonischen Oszillator an. Die Energie ist dann gegeben durch:

$$ E_{vib,n} = h\nu\left(n+\frac{1}{2}\right) = h c \tilde{\nu}\left(n+\frac{1}{2}\right) $$

wobei $\tilde{\nu} = \frac{1}{2\pi} \sqrt{\frac{k}{\mu}}$ mit der Kraftkonstante $k$ und der reduzierten Masse $\mu$ ist.

Bei Isotopen bleibt $k$ gleich und nur $\mu$ ändert sich. Wir können also die Wellenzahl $\tilde{\nu}$ von einem Isotop zum anderen übertragen:

$$ \tilde{\nu}_1 = \tilde{\nu}_2 \sqrt{\frac{\mu_2}{\mu_1}} $$

Die Zustandssumme ist gegeben durch

$$ q_{vib} = \sum_{n=0}^{\infty} e^{-\beta E_{vib,n}} = \frac{1}{1-e^{-\beta h c \tilde{\nu}}} $$

wobei $\beta = \frac{1}{k_B T}$ (viel schöner als jedes mal $\frac{1}{k_B T}$ zu schreiben).

Rotation

Für die Rotation benutzen wir den starren Körper mit

$$ E_{rot, J} = \frac{\hbar^2}{2I} J(J+1) = h c B J(J+1) $$

wobei $B = \frac{h}{8\pi^2 I}$ die Rotationskonstante (meist direkt gegeben) und $I = \sum_i m_i r_i^2$ das Trägheitsmoment ist. Für zweiatomige Moleküle ist das Trägheitsmoment besonders einfach $I = \mu r^2$ mit $\mu$ der reduzierten Masse $\mu = \frac{m_1 m_2}{m_1+m_2}.$

Für die Zustandssumme ergibt sich dann

$$ q_{rot, \text{linear}} \frac{1}{h c B \beta} $$

$$ q_{rot, \text{nicht-linear}} = \sqrt{\pi} \left(\frac{1}{h c \beta}\right)^{3/2} (A B C)^{-1/2} $$

mit $A, B, C$ Rotationskonstanten, die gegeben werden.

Translation

Die Energie sollte jedem bekannt sein mit

$$ E_{kin} = \frac{1}{2} m v^2 $$

Daraus ergibt sich dann die Zustandssumme

$$ q_{trans} = V \left(\frac{2 \pi m}{h^2 \beta}\right)^{3/2} $$

Elektronische Levels

Das wird gegeben, falls gebraucht. Grundsätzlich befassen wir uns aber mit Energieniveaus, die nicht ausreichen um Elektronen anzuregen, womit die Zustandssumme $q_{el} = 1$ ist und einfach wegfällt.

Gesamtzustandssumme

Die Gesamtzustandssumme ist dann gegeben durch das Produkt der einzelnen Zustandssummen

$$ q_{tot} = q_{vib} q_{rot} q_{trans} q_{el} (q_{\text{Kernspin}} \sigma^{-1}) $$

wobei die beiden letzten Terme nur relevant sind, falls sich der Kernspin ändert oder das Molekül eine Symmetrieachse hat. In diesem Fall wird euch das aber gesagt, das müsst ihr nicht selbst herausfinden.

Übergangszustandstheorie (Transition State Theory)

Setzen wir die Energie des Zustandes eines Moleküls während einer Reaktion der Reaktionskoordinate $r$ gegenüber, so erhalten wir eine Born-Oppenheimer Potentialkurve

Born-Oppenheimer Potentialkurve

Die Reaktionskoordinate $r$ ist dabei eine fiktive Koordinate, die den Fortschritt der Reaktion beschreibt. Der Übergangszustand ist der Punkt auf der Potentialkurve, an dem die Energie maximal ist und die Energiedifferenz zwischen dem Übergangszustand (ÜZ) und dem Ausgangszustand ist die Aktivierungsenergie $E_a$.

Nach der ÜZ-Theorie ist die Geschwindigkeitskonstante $k$ gegeben durch

$$ \begin{aligned} k_{uni} &= \frac{1}{h \beta} \frac{q^{\ddagger}}{q_{E}} e^{-\beta E_a} \\ k_{bi} &= \frac{1}{h \beta} \frac{q^{\ddagger}}{q_{E_1} q_{E_2}} e^{-\beta E_a} \end{aligned} $$

wobei $q^{\ddagger}$ die Zustandssumme des Übergangszustandes ist und $q_{E_1}$ und $q_{E_2}$ die Zustandssummen der (beiden) Edukte sind.

Manchmal ist auch die Aktivierungsenergie $E_a$ und der Energie-Unterschied zwischen Edukt und Produkt $\Delta E_{ab}$ gegeben, aber $E_b$ wird gesucht. Dann ist

$$ E_b = E_a - E_{ab} $$

Tipps für Aufgaben

Meist wird nur $k_{uni}$ betrachtet, da es sonst viel zu lange geht. Betrachte nochmal die Formel

$$ k_{uni} = \frac{1}{h \beta} \frac{q^{\ddagger}}{q_{E}} e^{-\beta E_a} $$

Für den Bruch musst du häufig nicht alle Zustandssummen einzeln berechnen, vieles kürzt sich weg. Genauer:

$$ \begin{aligned} &\text{Wenn } m^{\ddagger} = m_E \text{ dann } \frac{q_{trans}^{\ddagger}}{q_{trans, E}} = 1 \\ &\text{Wenn Wellenzahlen } \tilde{\nu}^{\ddagger} = \tilde{\nu}_{E} \text{ dann } \frac{q_{vib}^{\ddagger}}{q_{vib, E}} = 1 \\ &\text{Wenn Rotationskonstanten } B^{\ddagger} = B_E \text{ dann } \frac{q_{rot}^{\ddagger}}{q_{rot, E}} = 1 \end{aligned} $$

Ein häufiger Fehler passiert beim Berechnen des Exponents $-\beta E_a$ mit den Einheiten: $E_a$ kann sowohl in Joule, als auch in Joule/mol angegeben werden. Wenn du $E_a$ in Joule/mol hast, musst du es noch mit der Avogadro-Konstante $N_A$ multiplizieren, um auf Joule zu kommen, da $[\beta] = [\text{J}].$

Stosstheorie

In der Stosstheorie betrachten wir die Reaktion als Stoss zweier Moleküle. Die Geschwindigkeitskonstante ist dann gegeben durch

$$ k = \abk{\sigma} \abk{v_{rel}} $$

wobei $\abk{\sigma}$ der mittlere Reaktionsquerschnitt und $\abk{v_{rel}} = \sqrt{\frac{8 k_B T}{\pi \mu}}$ die mittlere relative Geschwindigkeit ist.

Modelle für Reaktionsquerschnitte

Der nicht-triviale Teil ist es, den Reaktionsquerschnitt $\sigma$ zu bestimmen. Dazu gibt es verschiedene Modelle, die wir uns jetzt anschauen.

Modell harter Kugeln

Im Modell harter Kugeln, betrachten wir die Reaktion als Stoss zweier Kugeln. Die Kugeln haben einen gewissen Radius $r$ und die Reaktion findet statt, wenn sich die Kugeln berühren. Dies gibt uns den Reaktionquerschnitt

$$ \sigma_0 = \pi (r_1 + r_2)^2 $$

der also unabhängig von der Energie der Reaktanden ist.

Modell harter Kugeln

Damit gilt für die Geschwindigkeitskonstante

$$ k(T) = \sigma_0 v_{rel} = \pi (r_1 + r_2)^2 \sqrt{\frac{8 k_B T}{\pi \mu}} $$

Modell harter Kugeln mit Schwellenenergie $E_0$

Etwas realistischer wird das Modell harter Kugeln, wenn wir eine Schwellenenergie $E_0$ einführen. Die Reaktion findet dann nur statt, wenn die Reaktanden eine Energie grösser als $E_0$ haben. Dies führt zu einem modifizierten Reaktionsquerschnitt

$$ \sigma = \sigma_0 \Theta(E-E_0) $$

wobei $\Theta(x) = \cases{0 & falls x < 0 \\ 1 & falls x > 0}$ die Heaviside-Funktion ist.

Modell harter Kugeln mit Schwellenenergie

Der durchschnittliche Reaktionsquerschnitt ist dann gegeben durch

$$ \abk{\sigma} = \sigma_0 \left(1 + \beta E_0 \right) e^{-\beta E_0} $$

womit wir die Geschwindigkeitskonstante

$$ k(T) = \abk{\sigma} \abk{v_{rel}} = \sigma_0 \left(1 + \beta E_0 \right) e^{-\beta E_0} \sqrt{\frac{8 k_B T}{\pi \mu}} $$

erhalten.

Modell mit Schwellenenergie und langsam wachsendem $\sigma$

Das Modell mit Schwellenenergie ist noch nicht ganz realistisch, da der Reaktionsquerschnitt $\sigma$ nicht abrupt auf 0 fällt, sondern langsam abnimmt. Dies können wir mit einem exponentiellen Abfall modellieren

$$ \abk{\sigma} = \sigma_0 e^{-\beta E_0} $$

Modell mit Schwellenenergie und langsam wachsendem \sigma

Womit die Geschwindigkeitskonstante durch

$$ k(T) = \abk{\sigma} \abk{v_{rel}} = \sigma_0 e^{-\beta E_0} \sqrt{\frac{8 k_B T}{\pi \mu}} $$

Arrhenius

Das Arrhenius-Gesetz versucht die Geschwindigkeitskonstante $k$ als Funktion der Temperatur $T$ zu beschreiben. Es ist gegeben durch

$$ k(T) = A e^{-\beta E_a} $$

oder in linearisierter Form

$$ \ln k(T) = \ln A - \beta E_a $$

Dabei ist $A$ eine reaktionsspezifische Konstante und $E_a$ die Aktivierungsenergie, definiert durch

$$ E_a = -R \dd{\ln k(T)}{\frac{1}{T}} = R T^2 \dd{\ln k(T)}{T} $$

Grafisch aufgetragen sieht das so aus:

Arrhenius

Oft nehmen wir an, dass $A$ und $E_a$ unabhängig von der Temperatur sind, was aber im Allgemeinen nicht stimmt (just to keep in mind).

Vergleichen wir das mit dem Modell harter Kugeln, so können wir den Faktor $A$ als eine Art Wahrscheinlichkeitsfaktor interpretieren, der bestimmt wann ein Zusammenstoss zu einer Reaktion führt

$$ \frac{k(\text{Arrhenius})}{k(\text{harte Kugeln})} = \text{"Jeder wievielte Stoss führt zu einer Reaktion"} $$

Linienverbreiterung

In den Naturwissenschaften betrachten wir oft Spektren, die idealerweise aus scharfen Linien bestehen. In der Realität sind die Linien aber oft verbreitert. Um diese Verbreiterung zu beschreiben betrachten wir die FWHM (Full Width at Half Maximum, $\Gamma$), also die Breite der Linie bei halber Höhe:

Linienverbreiterung

Dabei gibt es drei für uns relevante Arten von Linienverbreiterung:

Natürliche Linienbreite

Die natürliche Linienbreite müsste quantenmechanisch berechnet werden, wir nehmen hier einfach an, dass sie gegeben ist durch

$$ k_{eff} = 2 \pi \Gamma $$

Doppler-Verbreiterung

Die Doppler-Verbreiterung ergibt sich aus der thermischen Bewegung der Moleküle und ist gegeben durch

$$ \Delta \nu_D = \sqrt{8 \ln 2} \sqrt{\frac{k_B T}{m c^2}} \nu_0 $$

wobei $\nu_0$ die (zentrale) Frequenz der Linie ist.

Stossverbreiterung

Die Stossverbreiterung ergibt sich aus der Stosstheorie und ist gegeben durch

$$ k_{eff} = \sqrt{\frac{8 k_B T}{\pi \mu}} \abk{\sigma} [M] $$

Morgen 2 - Diffusion, Kettenreaktionen, Matrix & Enzymkinetik

Diffusion

Diffusion ist der Prozess, bei dem sich Teilchen aufgrund ihrer thermischen Energie in einem Medium ausbreiten. Die Diffusion ist sehr wichtig für die Kinetik, da potentielle Reaktionspartner aufeinander treffen müssen um überhaupt eine Reaktion zu ermöglichen!

Betrachte eine Reaktion der Form

$$ \ce{A + B -> Produkte} $$

  • Anfangsbedingungen: $A$ und $B$ sind Anfangs statistisch verteilt
  • Anfangsphase: Die Reaktion soll schnell sein, d.h. benachbarte $\ce{A}$ und $\ce{B}$ Moleküle reagieren schnell ab. Dadurch entsteht ein Konzentrationsgradient.
  • Stationäre Phase (Nichtgleichgewicht): Die Reaktion verläuft unter Aufrechterhaltung des Konzentrationsgradienten, indem $A/B$ durch Diffusion nachgeliefert werden.

Das ganze noch bildlich dargestellt:

Diffusion Illustration

Gleichungen

Für die meisten Reaktionen kann der Konzentrationsgradient und somit der Einfluss der Diffusion vernachlässigt werden und wir haben unser altbekanntes Geschwindigkeitsgesetz

$$ v = k c_A \cdot c_B $$

Reagieren die Stoffe jedoch so schnell, dass der Konzentrationsgradient gross ist, so bestimmt die Diffusion, wie gross er in der stationären Phase ist und das Geschwindigkeitsgesetz muss zu

$$ v = k_{eff} c_A \cdot c_B $$

angepasst werden. Die effektive Geschwindigkeitskonstante $k_{eff}$ ist dabei gegeben durch

$$ k_{eff} = \frac{4 \pi R_{AB} D_{AB}}{1+ \frac{4 \pi R_{AB} D_{AB}}{k}} $$

wobei $R_{AB}$ der Reaktionsradius ist, d.h. der Radius, in dem sich die Reaktionspartner treffen müssen (meist $R_A+R_B$) und $D_{AB} = D_A + D_B$ die Diffusionskonstante, die gegeben werden muss. Wir erkennen hier, dass im Limit

$$ k \ll 4 \pi R_{AB} D_{AB} $$

die Geschwindigkeitskonstante $k_{eff}$ der Geschwindigkeitskonstante $k$ entspricht, was mit unserer Intuition übereinstimmt.

Im Limit der Diffusionskontrolle

$$ k \gg 4 \pi R_{AB} D_{AB} $$

hingegen erhalten wir

$$ k_{eff} = \frac{4 \pi R_{AB} D_{AB}}{1+ \frac{4 \pi R_{AB} D_{AB}}{k}} \approx 4 \pi R_{AB} D_{AB} $$

Grundsätzlich gilt

  • Gase: Die Diffusionskontrolle ist bedeutungslos
  • Flüssigkeiten: Bei schnellen Reaktionen häufig Diffusionskontrolle

Kettenreaktionen

Kettenreaktionen sind Reaktionen, bei denen ein Reaktionsprodukt wieder als Reaktionspartner auftritt. Deswegen sprechen wir auch von einer geschlossenen Folge. Einige wichtige Begriffe dazu sind:

  • Kettenstart: Eine Reaktion, die die Kette startet
  • Kettenträger: Eine Reaktion, die die Kette aufrecht erhält
  • Kettenabbruch: Eine Reaktion, die die Kette beendet
  • Inhibierung/Hemmung: Eine Reaktion, die die Kette verlangsamt
Kettenreaktion Illustration

Ein Beispiel dazu ist die (radikale) Bromwasserstoffbildung

$$ \begin{aligned} \ce{Br2 + H2 &->[M] 2 Br^{\ast}} \qquad &\text{Kettenstart} \\ \ce{Br^{\ast} + H2 &-> HBr + H^{\ast}} \qquad &\text{Kettenträger} \\ \ce{H^{\ast} + HBr &-> H2 + Br^{\ast}} \qquad &\text{Hemmung} \\ \ce{H^{\ast} + Br2 &-> HBr + Br^{\ast}} \qquad &\text{Kettenträger} \\ \ce{2 Br^{\ast} &->[M] Br2} \qquad &\text{Kettenabbruch} \\ \ce{2 H^{\ast} &->[M] H2} \qquad &\text{Kettenabbruch} \\ \ce{Br^{\ast} + H^{\ast} &->[M] HBr} \qquad &\text{Kettenabbruch} \end{aligned} $$

Stabilitätsanalyse

Betrachten wir eine (verzweigte) Kettenreaktion der Form

$$ \begin{aligned} (1) \qquad & I_1 \rightarrow I^{\ast} \\ (2) \qquad & I^{\ast} + R \xrightarrow{k_p} P + I^{\ast} \\ (3) \qquad & I^{\ast} \xrightarrow{k_v} \alpha I^{\ast} \qquad (\text{Verzweigung}) \\ (4) \qquad & I^{\ast} \xrightarrow{k_a} I_1 \qquad (\text{Abbruch}) \end{aligned} $$

so erhalten wir für $[I^{\ast}]$ das Geschwindigkeitsgesetz

$$ \begin{aligned} \dd{[I^{\ast}]}{t} &= v_1 + k_v (\alpha - 1) [I^{\ast}] - k_a [I^{\ast}] \\ &= v_1 + (k_v (\alpha - 1) - k_a)[I^{\ast}] \\ \end{aligned} $$

wobei $v_1$ die Geschwindigkeit der Reaktion $(1)$ ist. Nehmen wir an, $v_1$ sei konstant, so erhalten wir nach Definition von $\phi = k_a - k_v (\alpha - 1)$

$$ [I^{\ast}] (t) = \frac{v_1}{\phi} \left( e^{\phi t} - 1 \right) $$

Aus der Reaktion $(2)$ erhalten wir für die Geschwindigkeit der Produktbildung

$$ \begin{aligned} \dd{[P]}{t} &= k_p [I^{\ast}] [R] = \frac{k_p v_1}{\phi} \left( e^{\phi t} - 1 \right) [R] \\ &\approx k_p' [I^{\ast}] [R] = \frac{k_p v_1}{\phi} \left( e^{\phi t} - 1 \right) \end{aligned} $$

wobei wir im letzten Schritt die Annahme getroffen haben, dass $[R]$ konstant ist, da $[R] \gg [I^{\ast}].$ Untersuchen wir die drei Fälle $\phi > 0$, $\phi = 0$ und $\phi < 0,$ so erkennen wir

  • $\phi < 0$: Die Konzentration $[I^{\ast}]$ ist nach einiger Zeit konstant $\rightarrow$ Quasistationär, d.h. stabil
  • $\phi = 0$: Die Konzentration $[I^{\ast}]$ wächst linear an, d.h. instabil
  • $\phi > 0$: Die Konzentration $[I^{\ast}]$ wächst exponentiell an, d.h. instabil
Kettenreaktion Stabilitätsanalyse Bild

Kinetische Matrix

Die kinetische Matrix ist eine Methode, um die Geschwindigkeitsgesetze von komplexeren Reaktionen erster Ordnung zu bestimmen. Der Formalismus betrachtet dabei Reaktionen der Form

$$ A_L \xrightarrow{-K_{ML}} A_M $$

wobei $A_L$ und $A_M$ die Edukte und Produkte der Reaktion sind und $-K_{ML}$ die Geschwindigkeitskonstante. Setzen wir dann $N$ Reaktionen erster Ordnung zusammen, so erhalten wir das System

$$ \begin{aligned} -\dd{c_1}{t} &= K_{11} c_1 + K_{12} c_2 + \dots + K_{1N} c_N\\ \vdots & \\ -\dd{c_N}{t} &= K_{N1} c_1 + K_{N2} c_2 + \dots + K_{NN} c_N \end{aligned} $$

Diese gekoppelten Differentialgleichungen einzeln zu lösen wäre sehr mühsam, aber glücklicherweise gibt uns die Matrix-Form

$$ -\dd{\vec{c}}{t} = K \vec{c}(t) $$

direkt die Lösung als

$$ \vec{c}(t) = \exp(-Kt) \vec{c}_0 $$

Wie rechnen wir das nun aber aus? Betrachten wir dazu ein einfaches Beispiel

$$ A_1 \xrightleftharpoons[k_b]{k_a} A_2 $$

mit den Geschwindigkeitskonstanten $k_a = 2, k_b = 0.$ Gehe in folgenden Schritten vor

\1. Schreibe die Geschwindigkeitskonstanten anhand des Formalismus auf

$$ \begin{aligned} &A_1 \xrightleftharpoons[-K_{12}]{-K_{21}} A_2 \\ &\Rightarrow - K_{12} = k_b = 0 \qquad - K_{21} = k_a = 2 \end{aligned} $$

\2. Stelle die kinetische Matrix auf. Dabei bezeichnen die Indizes von $K_{ij}$ die Zeile $i$ und Spalte $j$. Für die noch unbekannten Diagonal-Elemente gilt $K_{jj} = - \sum_{i \neq j} K_{ij}$

$$ \begin{pmatrix} K_{11} & K_{12} \\ K_{21} & K_{22} \end{pmatrix} = \begin{pmatrix} -K_{21} & K_{12} \\ K_{21} & -K_{12} \end{pmatrix} = \begin{pmatrix} 2 & 0 \\ -2 & 0 \end{pmatrix} $$

\3. Nun haben wir die kinetische Matrix. Wir sind aber noch nicht fertig, da wir noch das Exponential $\exp(-Kt)$ ausrechnen rechnen müssen. Das geht am besten, indem wir die Matrix diagonalisieren. Dazu berechnen wir zuerst die Eigenwerte $\lambda$ und Eigenvektoren $\vec{v}$ der Matrix $K$.

$$ \begin{aligned} &\det(K - \lambda \mathbb{1}) = 0 \\ &\Rightarrow \det \begin{pmatrix} 2 - \lambda & 0 \\ -2 & -\lambda \end{pmatrix} = 0 \\ &\Rightarrow (2 - \lambda) (-\lambda) - (-2) \cdot 0 = 0 \\ &\Rightarrow \lambda_1 = 0, \lambda_2 = 2 \end{aligned} $$

\4. Nun berechnen wir die Eigenvektoren $\vec{v}_{1,2}$ zu den Eigenwerten $\lambda_{1,2}$.

$$ \begin{aligned} \begin{pmatrix} 2 & 0 \\ -2 & 0 \end{pmatrix} \begin{pmatrix} v_{1,1} \\ v_{1,2} \end{pmatrix} &= 0 \qquad \Rightarrow v_{11} = 0, v_{1,2} = 1 \qquad \Rightarrow \vec{v}_1 = \begin{pmatrix} 0 \\ 1 \end{pmatrix} \end{aligned} $$

$$ \begin{aligned} \begin{pmatrix} 2 & 0 \\ -2 & 0 \end{pmatrix} \begin{pmatrix} v_{2,1} \\ v_{2,2} \end{pmatrix} &= 2 \begin{pmatrix} v_{2,1} \\ v_{2,2} \end{pmatrix} \qquad \Rightarrow v_{2,1} = 1, v_{2,2} = -1 \qquad \Rightarrow \vec{v}_2 = \begin{pmatrix} 1 \\ -1 \end{pmatrix} \end{aligned} $$

\5. Nun können wir das Exponential einfach ausrechnen

$$ \exp(-Kt) = \begin{pmatrix} \vec{v}_1 & \vec{v}_2 \end{pmatrix} \begin{pmatrix} e^{-\lambda_1 t} & 0 \\ 0 & e^{-\lambda_2 t} \end{pmatrix} \begin{pmatrix} \vec{v}_1 & \vec{v}_2 \end{pmatrix}^{-1} = \begin{pmatrix} 0 & 1 \\ 1 & -1 \end{pmatrix} \begin{pmatrix} 1 & 0 \\ 0 & e^{-2t} \end{pmatrix} \begin{pmatrix} 1 & 1 \\ 1 & 0 \end{pmatrix} = \begin{pmatrix} e^{-2t} & 0 \\ 1- e^{-2t} & 1 \end{pmatrix} $$

\6. Die Lösung der Differentialgleichung ist also

$$ \vec{c}(t) = \exp(-Kt) \vec{c}_0 = \begin{pmatrix} e^{-2t} & 0 \\ 1- e^{-2t} & 1 \end{pmatrix} \begin{pmatrix} c_1(0) \\ c_2(0) \end{pmatrix} = \begin{pmatrix} c_1(0) e^{-2t} \\ c_1(0) (1 - e^{-2t}) + c_2(0) \end{pmatrix} $$

Enzymkinetik

Betrachte die typische Michaelis-Menten Reaktion

$$ E + S \xrightleftharpoons[k_{-1}]{k_1} ES \xrightarrow{k_2} E + P $$

wobei $E$ das Enzym, $S$ das Substrat, $ES$ das Enzym-Substrat-Komplex und $P$ das Produkt ist. Uns interessiert die Produktbildungsgeschwindigkeit

$$ v = \dd{[P]}{t} = k_2 [ES] $$

die wir in Abhängigkeit der Substrat-Konzentration $[S]$ ausdrücken möchten. Dazu nehmen wir Quasi-Stationärität (QS) für $[ES]$ an, d.h. $[ES]$ ist konstant und schreiben das Geschwindigkeitsgesetz auf

$$ \dd{[ES]}{t} = k_1 [E] [S] - k_{-1} [ES] - k_2 [ES] = 0 $$

woraus wir $[ES]$ ausdrücken können durch

$$ [ES] = \frac{k_1}{k_{-1} + k_2} [E] [S] $$

Benutzen wir nun die Massenerhaltung für $[E]$, d.h. $[E]_0 = [E] + [ES]$, so erhalten wir

$$ [ES] = \frac{k_1}{k_{-1} + k_2} \left( [E]_0 - [ES] \right) [S] $$

was sich nach $[ES]$ auflösen lässt zu

$$ [ES] = \frac{\frac{k_1}{k_{-1} + k_2} [E]_0 [S]}{1 + \frac{k_1}{k_{-1} + k_2} [S]} = \frac{[E]_0 [S]}{K_M + [S]} $$

wobei wir die Michaelis-Konstante $K_M = \frac{k_{-1} + k_2}{k_1}$ definiert haben. Setzen wir nun $[ES]$ in die Produktbildungsgeschwindigkeit ein, so erhalten wir

$$ v = k_2 \frac{[E]_0 [S]}{K_M + [S]} $$

Plots und Linearisierungen

Betrachte die Limits

  • $[S] \ll K_M$: $v \approx \frac{k_2 [E]_0 [S]}{K_M} \rightarrow$ Reaktion ist substratlimitiert
  • $[S] = K_M$: $v = \frac{k_2 [E]_0}{2} = \frac{v_{max}}{2} \rightarrow$ Reaktion ist halbsättigend
  • $[S] \gg K_M$: $v \approx \frac{k_2 [E]_0 [S]}{[S]} = k_2 [E]_0 \rightarrow$ Reaktion ist enzymlimitiert

Definieren wir $v_{max} = k_2 [E]_0,$ so können wir die Abhängigkeit der Produktbildungsgeschwindigkeit von der Substrat-Konzentration darstellen als

Enzymkinetik Bild

Da die Steigung hier nicht konstant ist, ist es jedoch schwierig die vorkommenden Parameter zu bestimmen. Um das zu vereinfachen haben wir im Unterricht drei Linearisierungen kennengelernt.

Lineweaver-Burk

$$ \frac{1}{v} = \frac{K_M}{v_{max}} \frac{1}{[S]} + \frac{1}{v_{max}} $$

Lineweaver-Burk Bild
Eadie-Hofstee

$$ v = -\frac{v_{max}}{K_M} [S] + v_{max} $$

Eadie-Hofstee Bild
Dixon Hanes

$$ \frac{[S]}{v} = \frac{K_M}{v_{max}} + \frac{1}{v_{max}}[S] $$

Dixon Hanes Bild

Kompetitive Hemmung

Bei der kompetitiven Hemmung bildet ein Inhibitor $I$ einen Komplex $EI$ mit dem Enzym $E$, der nicht mehr in der Lage ist, das Substrat $S$ zu binden. Wir betrachten also nun die zwei Reaktionen

$$ \begin{aligned} E + S &\xrightleftharpoons[k_{-1}]{k_1} ES \xrightarrow{k_2} E + P \\ E + I &\xrightleftharpoons[k_{-3}]{k_3} EI \end{aligned} $$

Auch hier möchten wir die Produktbildungsgeschwindigkeit bestimmen

$$ v = \dd{[P]}{t} = k_2 [ES] $$

Nehmen wir wiederum QS für $[ES]$, sowie für $[EI]$ an, so gilt

$$ \begin{aligned} \dd{[ES]}{t} &= k_1 [E] [S] - k_{-1} [ES] - k_2 [ES] &= 0 \\ \dd{[EI]}{t} &= k_3 [E] [I] - k_{-3} [EI] &= 0 \end{aligned} $$

sowie die Massenerhaltung für $[E]$

$$ [E]_0 = [E] + [ES] + [EI] $$

Umformen und auflösen ergibt

$$ [E] = \frac{[E]_0}{1 + \frac{1}{K_M} [S] + \frac{1}{K_I} [I]} $$

wobei wir die Michaelis-Konstante $K_M = \frac{k_{-1} + k_2}{k_1}$ und analog die Inhibitions-Konstante $K_I = \frac{k_{-3}}{k_3}$ definiert haben. Setzen wir nun $[E]$ in die Produktbildungsgeschwindigkeit ein, so erhalten wir

$$ \begin{aligned} v &= k_2 \frac{[E]_0 [S]}{K_M + \frac{K_M}{K_I} [I] + [S]} \\ &= \frac{v_{max} [S]}{K_M' + [S]} \end{aligned} $$

mit $K_M' = K_M \left( 1 + \frac{[I]}{K_I} \right)$ und $v_{max} = k_2 [E]_0.$ Den Parameter $1 + \frac{[I]}{K_I}$ nennen wir den Hemmungsfaktor $\alpha$ und wir können ihn einfach aus dem Lineweaver-Burk Plot ablesen:

Lineweaver-Burk Alpha Bild

Unkompetitive Hemmung

Bei der unkompetitiven Hemmung bildet ein Inhibitor $I$ einen Komplex $ESI$ mit dem Enzym-Substrat-Komplex $ES$, der nicht mehr in der Lage ist, direkt das Produkt $P$ zu bilden. Wir betrachten also nun die zwei Reaktionen

$$ \begin{aligned} E + S &\xrightleftharpoons[k_{-1}]{k_1} ES \xrightarrow{k_2} E + P \\ E + I &\xrightleftharpoons[k_{-3}]{k_3} ESI \end{aligned} $$

Nach einer analogen Vorgehensweise wie bei der kompetitiven Hemmung erhalten wir die Produktbildungsgeschwindigkeit

$$ v = \frac{v_{max}' [S]}{K_M' + [S]} $$

mit $K_M' = \frac{K_M}{\alpha'}$ und $v_{max}' = \frac{k_2 [E]_0}{\alpha'}.$ Die Linearisierung durch Lineweaver-Burk gibt uns wieder den Hemmungsfaktor $\alpha' = 1 + \frac{[I]}{K_I}.$

Lineweaver-Burk Alpha Bild

Nichtkompetitive Hemmung

Die nichtkompetitive Hemmung ist eine Mischform der kompetitiven und unkompetitiven Hemmung. Wir betrachten also nun die drei Reaktionen

$$ \begin{aligned} E + S &\xrightleftharpoons[k_{-1}]{k_1} ES \xrightarrow{k_2} E + P \\ E + I &\xrightleftharpoons[k_{-3}]{k_3} EI \\ ES + I &\xrightleftharpoons[k_{-4}]{k_4} ESI \end{aligned} $$

und erhalten durch viel rechnen die Produktbildungsgeschwindigkeit

$$ v = \frac{v_{max} [S]}{\alpha K_H + \alpha' [S]} $$

Die Linearisierung für $\alpha = \alpha'$ gibt uns dann

Lineweaver-Burk Alpha Bild

Nachmittag 2 - Stossmodelle Experimentelle & Mathematische Methoden

Absorptionsspektroskopie

Lambert-Beer

Das Lambert-Beer Gesetz beschreibt die Abschwächung der Intensität eines Lichtstrahls beim Durchgang durch ein Medium:

$$ \begin{aligned} dI &= \sigma \cdot I \cdot c \cdot dx \\ \ln \left( \frac{I_0}{I} \right) &= \sigma \cdot c \cdot l \end{aligned} $$

wobei $I_0$ die Intensität des einfallenden Lichts, $I$ die Intensität des austretenden Lichts, $\sigma$ der Absorptionskoeffizient, $c$ die Konzentration des Absorbers und $l$ die Länge des zurückgelegten Pfades ist. $\sigma$ bezeichnet den Wirkungsquerschnitt und ist eine materialspezifische Konstante.

Lambert-Beer Bild

Verbindung Reaktionsquerschnitt $\sigma_R$

Betrachten wir nochmal das Lambert-Beer Gesetz:

$$ \ln\left(\frac{I_0}{I}\right) = \sigma \cdot c \cdot l $$

dann ist $\sigma$ nicht $\sigma_R,$ sondern eine Kombination aus $\sigma_R$ und dem Stossquerschnitt $\sigma_S:$

$$ \sigma = \sigma_R + \sigma_S $$

Kinetik geladener Teilchen

Betrachte eine Reaktion der Form

$$ \ce{A^{$Z_A4} + B^{$Z_B$} -> Produkte} $$

mit den Ladungen $Z_A$ und $Z_B.$ Da es hier eine elektrostatische Wechselwirkung zwischen den Reaktionspartnern gibt, haben wir eine neue Formel für die Reaktionsgeschwindigkeit

$$ v_c = \frac{1}{h \beta} \frac{\gamma_A \gamma_B}{\gamma^{\ddagger}} \cdot e^{\frac{-\Delta^{\ddagger} G}{RT}} \cdot (c^{\ast})^{-1} \cdot [\ce{A}^{Z_A}] \cdot [\ce{B}^{Z_B}] $$

mit den Aktivitätskoeffizienten $\gamma_i$ und $(c^{\ast})^{-1} = \frac{1}{V^{\ast}}$ damit die Einheiten aufgehen (Einheitskonzentration). Betrachten wir die Geschwindigkeitskonstante

$$ k_c = \frac{1}{h \beta} \frac{\gamma_A \gamma_B}{\gamma^{\ddagger}} \cdot e^{\frac{-\Delta^{\ddagger} G}{RT}} \cdot (c^{\ast})^{-1} $$

so können wir diese nach Anwendung des Logarithmus aufteilen in die Summanden

$$ \begin{aligned} \ln(k_c) &= \ln(k') + \ln \left( \frac{\gamma_A \gamma_B}{\gamma^{\ddagger}} \right) \\ \text{mit} \quad k' &= \frac{1}{h \beta} \cdot e^{\frac{-\Delta^{\ddagger} G}{RT}} \cdot (c^{\ast})^{-1} \end{aligned} $$

Debye-Hückel für kleine Ionenstärken

Um die Aktivitätskoeffizienten zu berechnen, benutzen wir die Debye-Hückel Näherung für kleine Ionenstärken ($I \lt 0.1 \, \mathrm{mol/kg}$)

$$ \log_{10} \gamma_i = -\beta \cdot Z_i^2 \cdot \sqrt{I} $$

mit der Ionenstärke $I = \frac{1}{2} \sum_i c_i \cdot Z_i^2$ und $\beta$ einer gegebenen Konstante. Setzen wir dies in das obige Geschwindigkeitsgesetz ein, so erhalten wir die Brönsted-Gleichung

$$ \log_{10} k_c = \log_{10} k' + 2 \beta Z_A Z_B \sqrt{I} $$

Debye-Hückel für nicht-kleine Ionenstärken

Für grössere Ionenstärken müssen wir die Debye-Hückel Näherung anpassen. Wir erhalten

$$ -\ln \gamma_i = \alpha Z_i^2 \cdot \sqrt{I} \left( 1 + 2 \alpha \sqrt{I} \frac{a}{\rho} \right)^{-1} $$

wobei $\rho = \frac{e_0^2}{4 \pi \varepsilon \varepsilon_0 k_B T}, \alpha = \sqrt{2\pi N_A \rho_L \rho^3}, e_0$ die Elementarladung, $\rho_L$ die Dichte des Lösungsmittels und $a$ der Ionendurchmesser ist. Solche Sachen denke ich werden aber wenn überhaupt gefragt nochmal erklärt.

Experimentelle Methoden

Absorptionsspektroskopie

Wir benutzen das Lambert-Beer Gesetz

$$ A = \log \left( \frac{I_0}{I} \right) = \sigma (\nu) \cdot c \cdot l $$

was sich umformen lässt zu

$$ c(t) = \frac{A(t)}{\sigma (\nu) \cdot l} $$

Was wir messen ist die Absorption $A(t)$ in Abhängigkeit der Frequenz $\nu.$ Ein Spektrum ist eine Auftragung von $A(\nu)$ gegen $\nu.$

Absorption-Spektrum Bild
Fall 1: Produkt- und Edukt-Spektren überlappen nicht

Absorbieren die Edukte und Produkte bei unterschiedlichen Wellenlängen, so können fällt es besonders leicht, die Konzentrationen der Edukte und Produkte zu bestimmen.

Absorption-Spektrum Bild

$$ c_{Edukt}(t) = \frac{A_{Edukt}(t)}{\sigma_{Edukt} (\nu) \cdot l} $$

$$ c_{Produkt}(t) = \frac{A_{Produkt}(t)}{\sigma_{Produkt} (\nu) \cdot l} $$

Fall 2: Produkt- und Edukt-Spektren überlappen

Absorbieren die Edukte und Produkte bei den ähnlichen Wellenlängen, können wir die Konzentrationen nicht mehr einfach so ablesen, da die Absorption durch die Formel

$$ A(t) = \ln \left( \frac{I_0}{I} \right) = \left( \sigma_{Edukt} (\nu) \cdot c_{Edukt} + \sigma_{Produkt} (\nu) \cdot c_{Produkt} \right) \cdot l $$

beschrieben wird. Das Spektrum sieht dann etwa so aus

Absorption-Spektrum Bild
Isosbestischer Punkt

Falls es im Spektrum einen Punkt gibt, wo sich die Absorbanz zeitlich nicht verändert, so deutet dies auf eine einfache Stöchiometrie hin. Für eine Gleichgewichtsreaktion zwischen zwei Stoffen beispielsweise

$$ \begin{aligned} l \cdot \sum_i \sigma_i c_i &= \text{konstant} \\ \Rightarrow -\nu_1 \sigma_1 &= \nu_2 \sigma_2 \end{aligned} $$

Halbwertszeitmethode

Trage die Halbwertszeit $t_{1/2}$ gegen die Anfangskonzentration $c_0$ auf. Da dies dem Gesetz

$$ t_{1/2}(c_0) = \frac{2^{m-1}-1}{k(m-1)} \cdot c_0^{1-m} $$

Durch Anwendung des Logarithmus erhalten wir die Lineare Form

$$ \ln(t_{1/2}) = \ln \left( \frac{2^{m-1}-1}{k(m-1)} \right) + (1-m) \cdot \ln(c_0) $$

und durch lineare Regression können wir über die Steigung die Reaktionsordnung $m$ bestimmen.

Isolationsmethode

Nehmen wir alle Reaktanden ausser einem im Überschuss, so können wir die Konzentrationen dieser Reaktanden als konstant annehmen. Wir erhalten also das einfachere Geschwindigkeitsgesetz

$$ v_c = k_{eff} c^m $$

Durch Anwendung des Logarithmus erhalten wir die Lineare Form

$$ \ln(v_c) = \ln(k_{eff}) + m \cdot \ln(c) $$

und durch lineare Regression können wir über die Steigung die Reaktionsordnung $m$ bestimmen.

Methode der Anfangsgeschwindigkeiten

Betrachte das Geschwindigkeitsgesetz

$$ v_c = \frac{1}{\nu_1} \dd{c_1}{t} = k c_1^{m_1} \cdots $$

Am Anfang der Reaktion gilt

$$ v_c^0 \approx \frac{1}{\nu_1} \frac{\Delta c_1}{\Delta t} = k_{eff} c_1^{m_1} $$

wobei $v_c^0$ die Anfangsgeschwindigkeit ist. Durch Anwendung des Logarithmus erhalten wir die Lineare Form

$$ \ln(v_c^0) = \ln(k_{eff}) + m_1 \cdot \ln(c_1) $$

und durch lineare Regression können wir über die Steigung die Reaktionsordnung $m_1$ bestimmen.

Methode der Differentialquotienten

Diese Methode hilft uns Annäherungsweise die Geschwindigkeitskonstante $k$ zu bestimmen. Wir betrachten

$$ - \frac{\Delta c}{\Delta t} = k \abk{c}^m $$

mit $\abk{c} = \frac{c_1+c_2}{2}.$ Nach Anwendung des Logarithmus

$$ \ln \left( - \frac{\Delta c}{\Delta t} \right) = \ln(k) + m \cdot \ln(\abk{c}) $$

Mit der Annäherung für kleine $\Delta t$

$$ \dd{c}{t} \approx \frac{\Delta c}{\Delta t} = -k \abk{c}^m $$

erhalten wir die Geschwindigkeitskonstante

$$ k \approx -\frac{1}{\abk{c}^m} \cdot \frac{\Delta c}{\Delta t} $$

Die Idee sieht also in etwa so aus

Differentialquotient Bild

Periodische Störung

Betrachten wir ein Gleichgewicht, welches periodisch, z.B. durch Ultraschall oder Druckwellen, gestört wird. Je nach Verhältnis der Störungsfrequenz $\omega$ und der Relaxationszeit $\tau_R = \frac{1}{k_{eff}}$ des Systems unterscheiden wir drei Fälle:

Fall 1: $\omega \tau_R \ll 1$

Die Probe relaxiert schnell. Damit ist die Auslenkung aus dem Gleichgewicht synchron mit der Störung.

Fall 2: $\omega \tau_R \approx 1$

Das System relaxiert langsam verglichen mit der Welle, jedoch schnell genug um der Welle zu folgen. Wir erhalten eine Phasenverschiebung $\phi(\omega) = \arctan(\omega\tau_R)$

Phasenverschiebung Bild

Für eine Anregung der Form $A \cdot \sin(\omega t)$ folgt die Auslenkung des Systems $\Delta(t) = c(t) - c_{eq}$ dem Verlauf

$$ \Delta(t) = \frac{A}{\sqrt{1+(\omega\tau_R)^2}} \cdot \sin(\omega t - \phi(\omega)) $$

Fall 3: $\omega \tau_R \gg 1$s

Die Reaktion ist sehr langsam und es kommt kaum zu einer Auslenkung aus dem Gleichgewicht.

Morgen 3 - Lindemann & Langevin

Lindemann-Mechanismus (Druckabhängigkeit von $k$)

Bei unimolekularen Reaktionen

$$ \ce{X_Z -> Produkte} $$

hatten wir gesagt, dass es eine Anregung durch einen Stosspartner $\ce{M}$ braucht. Dies kann genauer durch den Lindemann-Mechanismus beschrieben werden

$$ \begin{aligned} \ce{X_Z + M &->[$k_1$] X^{\ast} + M} \qquad & \text{Aktivierung} \\ \ce{X^{\ast} + M &->[$k_2$] X_Z + M} \qquad & \text{Desaktivierung} \\ \ce{X^{\ast} &->[$k_3$] Produkte} \qquad & \text{Reaktion} \end{aligned} $$

wobei $\ce{X^{\ast}}$ ein angeregter Zustand von $\ce{X_Z}$ ist. Der Energetische Verlauf ist in der folgenden Abbildung dargestellt

Lindemann Energieniveaus Bild

Um das Geschwindigkeitsgesetz aufzustellen können wir einfacher die zusammengefasste Reaktionsgleichung

$$ \ce{X_Z + M <=>[$k_a$][$k_d$] X^{\ast} + M ->[$k_r$] P + M} $$

verwenden. Mit Quasistationaritätsannahme für $\ce{X^{\ast}}$ erhalten wir

$$ \begin{aligned} \frac{\mathrm{d}[\ce{X^{\ast}}]}{\mathrm{d}t} &= k_a[\ce{X_Z}][\ce{M}] - k_d[\ce{X^{\ast}}][\ce{M}] - k_r[\ce{X^{\ast}}] = 0 \\ \Rightarrow [\ce{X^{\ast}}] &= \frac{k_a[\ce{X_Z}][\ce{M}]}{k_d[\ce{M}] + k_r} \end{aligned} $$

und damit das Geschwindigkeitsgesetz

$$ v = k_r[\ce{X^{\ast}}] = \frac{k_a k_r}{k_d + \frac{k_r}{[\ce{M}]}}[\ce{X_Z}][\ce{M}] = k_{eff} [\ce{X_Z}] $$

mit der effektiven Geschwindigkeitskonstante

$$ k_{eff} = \frac{k_a k_r}{k_d + \frac{k_r}{[\ce{M}]}} $$

Diese Gleichung lässt sich durch Kehrwertbildung leicht linearisieren

$$ \frac{1}{k_{eff}} = \frac{k_d}{k_r \cdot k_a} + \frac{1}{k_a} \cdot \frac{1}{[\ce{M}]} $$

Lindemann linearisiert Bild

Niederdruckbereich

Im Niederdruckbereich ist $[\ce{M}]$ klein und damit ist der zweite Term $\frac{1}{k_a} \cdot \frac{1}{[\ce{M}]}$ dominant. Wir erhalten

$$ k_{eff} \approx k_a [\ce{M}] $$

Die Aktivierung ist also geschwindigkeitsbestimmend und die Reaktion ist 2. Ordnung.

Hochdruckbereich

Im Hochdruckbereich ist $[\ce{M}]$ gross und damit ist der erste Term $frac{k_d}{k_r \cdot k_a}$ dominant. Wir erhalten

$$ k_{eff} \approx \frac{k_d}{k_r \cdot k_a} $$

Die Reaktion ist also 1. Ordnung (0. Ordnung in $[\ce{M}]$) und der Reaktionsschritt ist geschwindigkeitsbestimmend.

Übergangsbereich

Den Übergangsbereich zwischen den zwei Bereichen können wir qualitativ durch die folgende Abbildung beschreiben

Lindemann Übergangsbereich Bild

Langevin-Modell

Für Reaktionen von einem ungeladenen Molekül mit einem geladenen Molekül (Molekül-Ion-Reaktionen) können wir das Langevin-Modell verwenden. Moleküle und Ionen reagieren nicht gleich wie Moleküle untereinander, da durch die Polarisierbarkeit $\alpha$ der Moleküle eine Coulomb-Anziehung zwischen den Ladungen entsteht. Wir erhalten die Geschwindigkeitskonstante

$$ k = \sigma(E_t) \sqrt{\frac{2 E_t}{\mu}} = \sqrt{\frac{2 a} {\mu}} $$

mit $\sigma(E_t) = \sqrt{\frac{a}{E_t}}$ als Stossquerschnitt und $a = \frac{\alpha \cdot e^2}{8 \varepsilon_0^2}.$ Was wir hier erkennen können ist, dass die Geschwindigkeitskonstante in diesem Modell nicht mehr von der Energie abhängt!

Potentialfunktionen und zugehörige $\sigma_R(E)$

Typ I (normal)

Potential Typ I Bild

Damit die Reaktion ablaufen kann muss die Aktivierungsenergie $E_0$ überwunden werden, also ist der Reaktionsquerschnitt $\sigma_R(E) = 0$ für $E < E_0.$ Für $E \gg E_0$ wird $\sigma_R(E)$ wieder abnehmen, da die Teilchen zu schnell sind um zu reagieren.

Typ II

Potential Typ II Bild

Da keine Aktivierungsenergie benötigt wird, nimmt $\sigma_R(E)$ ab, wenn $E$ wächst, da die Teilchen zu schnell sind um zu reagieren.

Typ III

Potential Typ III Bild

Auch hier wird keine Aktivierungsenergie benötigt, womit der Reaktionsquerschnitt $\sigma_R(E)$ abnimmt, wenn $E$ wächst.

Nachmittag 3 - Reserve & Repetition

Repetition der wichtigsten/schwierigsten Konzepte

Wir machen nochmal eine kurze Repetition der Teile, die am meisten Probleme bereitet haben/das tiefste Rating auf dem Understandometer erhalten haben aber trotzdem Prüfungsrelevant sind.

Quasistationarität

Betrachten wir ein komplexes Reaktionsnetzwerk, so möchten wir meist die Produktbildungsgeschwindigkeit in Abhängigkeit der Eduktkonzentration bestimmen. Da die Konzentrationen der Zwischenprodukte unbekannt sind, müssen wir Vereinfachungen treffen, um diese zu eliminieren. Eine wichtige solche Vereinfachung ist die Quasistationarität. Dabei nehmen wir an, dass die Konzentrationen der Zwischenprodukte sich sehr schnell einstellen, sodass wir die zeitliche Änderung der Konzentrationen vernachlässigen können. Einsetzen der Geschwindigkeitsgesetze führt dann zu einem System von Gleichungen, welches wir lösen können.

Grundsätzlich können wir für jegliche Radikale annehmen, dass die Konzentrationen quasistationär sind. Denn diese reagieren viel schneller ab, als sie gebildet werden. Da die Reaktionsgeschwindigkeit der Abbaureaktion von der Konzentration des Radikales abhängt, wird sich so schnell die Gleichgewichtskonzentration einstellen.

Vorgelagertes Gleichgewicht

Haben wir vor einer Reaktion ein sich schnell einstellendes Gleichgewicht, so können wir die Konzentrationen der Produkte dieses Gleichgewichts durch die Gleichgewichtskonstante

$$ K = \frac{\text{Produkte}}{\text{Edukte}} = \frac{k_{\text{hin}}{}}{k_{\text{rück}}} $$

ausdrücken als

$$ [\text{Produkte}] = K \cdot [\text{Edukte}] $$

womit wir bereits eine Variable in unserem System von Gleichungen eliminieren können.

Arrhenius

Das Arrhenius-Gesetz beschreibt die Temperaturabhängigkeit der Geschwindigkeitskonstanten. Es lautet

$$ k(T) = A \exp \left( - \frac{E_A}{R T} \right) $$

wobei $A$ der präexponentielle Faktor und $E_A$ die Aktivierungsenergie ist. Die Aktivierungsenergie $E_A$ ist hier nicht gleich der Schwellenenergie $E_0,$ also der Aktivierungsenergie, wie wir sie in einem Reaktions-Energiediagramm aufzeichnen würden, sondern so definiert, dass die Arrhenius-Gleichung stimmt. Dies gibt uns die Definition

$$ E_A = - R \frac{\partial \ln k}{\partial \frac{1}{T}} $$

womit die Aktivierungsenergie nach Arrhenius eine rein empirische Konstante ist IUPAC Green Book [Seite 64].

Wann sind Aktivierungs- und Schwellenenergie annäherungsweise gleich? Da die thermische Energie durch $k_B T$ gegeben ist, gilt im Limit $k_B T \ll E_0 \Rightarrow E_0 \approx E_A.$ Weiter findet man in der Praxis in der Regel, dass die Arrhenius Aktivierungsenergie im Hochdruckbereich nahe bei der Schwellenenergie $E_0$ liegt, während sie im Niederdruckbereich oft wesentlich kleiner als $E_0$ ist.

Kinetische Matrix

Ich denke hier ist wenn dann nur die Interpretation des Ergebnisses relevant für die Prüfung, die Berechnung würde viel zu lange dauern.

Betrachten wir ein 2-D Beispiel

$$ \ce{A <=>[$k_1$][$k_2$] B} $$

wobei die kinetische 2-dimensionale kinetische Matrix $K$ die Eigenwerte $\lambda_1, \lambda_2$ habe. Wie können wir die Eigenwerte interpretieren?

Handelt es sich um ein geschlossenes Reaktionsnetzwerk, d.h. es finden keine anderen Reaktionen mit den vorkommenden Stoffen statt, so wird es immer einen Eigenwert $\lambda_1 = 0$ geben. Der Eigenvektor dazu entspricht dann dem Vektor der Gleichgewichts-Konzentrationen, da sich diese nicht mit der Zeit ändern nach der Differentialgleichung

$$ \dd{\vec{c}_{eq}}{t} = \exp(K) \cdot \vec{c}_{eq} \overset{!}{=} 0 $$

wobei $\vec{c}_{eq}$ der Eigenvektor zum Eigenwert $\lambda_1 = 0$ ist und damit $K \vec{c}_{eq} = 0.$

Die nicht-verschwindenden Eigenwerte können wir als verallgemeinerte Geschwindigkeitskonstanten erster Ordnung interpretieren. In diesem Beispiel entspricht $\lambda_2 = k_a + k_b$ gerade der effektiven Geschwindigkeitskonstante, die wir in der Auslenkung aus dem Gleichgewicht gesehen haben (siehe Aufgaben Morgen 1)

$$ \Delta(t) = \Delta_0 \cdot e^{-k_{eff} t} $$

Wir formen also den Vektor der Konzentrationen $\vec{c}$ um, so dass wir den "Mix" aus Konzentrationen erhalten, der dafür sorgt, dass das Geschwindigkeitsgesetz für diesen "Mix" nach erster Ordnung verläuft und somit die Lösung $\propto e^{-\lambda_2 t}$ hat.

Ein Beispiel für ein offenes (also nicht geschlossenes) Reaktionsnetzwerk wäre

$$ \ce{A <=>[$k_1$][$k_2$] B ->[$k_3$] P} $$

wobei wir nur die Reaktionen mit den Edukten $\ce{A}$ und $\ce{B}$ betrachten. Hier wird es keinen Eigenwert $\lambda_1 = 0$ geben, da die Konzentrationen der Zwischenprodukte sich nicht einstellen können, da sie weiterreagieren. Den Eigenwert $\lambda_1 = 0$ würden wir bekommen, wenn wir das Produkt $\ce{P}$ auch miteinbeziehen würden und dieser würde dem stationären Zustand, dass nur noch $\ce{P}$ vorhanden ist, entsprechen.

Kettenreaktionen

Um bei den Kettenreaktionen die einzelnen Schritte zu identifizieren, ist es hilfreich, das Reaktionsnetzwerk in einem Graphen aufzuzeichnen. Meist (wenn die Prüfungsschreibenden nicht gerade gemein sind) gehört die erste Reaktion dem Kettenstart an. Wir starten also mal bei dieser und folgen dem Weg der Produkte. Irgendwann werden wir auf ein Zwischenprodukt stossen, welches wir schonmal gesehen haben. Der darin eingeschlossene Kreis ist dann die Kette. Reaktionen, die etwas in die Kette einspeisen gehören zum Kettenstart und Reaktionen, die aus der Kette herausgehen gehören zum Kettenabbruch.

Allfällige Hemmungen/Inhibitoren erkennen wir dadurch, dass sie die Kettenreaktion verlangsamen.

Michaelis Menten

Die Geschwindigkeitsgesetze der verschiedenen Formen von Hemmung durch einen Inhibitor sind nochmal schön (in konsistenter Notation) auf einem Formelblatt (siehe Polybox) zusammengefasst. Die Herleitung empfehle ich einfach auf einer ausgedruckten Zusammenfassung dabei zu haben.

Aufgaben

Da ihr an der Prüfung selbst Aufgaben lösen müsst, bekommt ihr nach jeder Theorie-Session Zeit um dazu passende Aufgaben zu lösen. Sie werden danach besprochen und ihr bekommt Lösungen dazu.

Morgen 1 - Grundlagen Geschwindigkeitsgesetze

Stöchiometrie

Welche der folgenden Grössen hängen von der gewählten Stöchiometrie ab?

  • Reaktionsordnung
  • Geschwindigkeitskonstante
  • Molekularität
  • Reaktionsgeschwindigkeit

Halbwertszeit

Für eine Reaktion erster Ordnung ist die Lebenszeit $\tau = 100 \, \mathrm{s}.$ Berechne die Halbwertszeit $t_{1/2}$ der Reaktion.

Reaktionsnetzwerk (Sommer 2015)

Betrachte das System

$$ \begin{aligned} \ce{SO2 + OH + M &->[$k_a$] HOSO2 + M} \qquad & (1a) \\ \ce{HOSO2 + M &->[$k$_{-a}] SO2 + OH + M} \qquad & (1-a) \\ \ce{HOSO2 + O2 &->[$k_b$] SO3 + O2H} \qquad & (1b) \\ \ce{SO3 + (H2O)2 &->[$k_c$] SO3 \cdot H2O + H2O} \qquad & (1c) \\ \ce{SO3 \cdot H2O + H2O &->[$k_d$] H2SO4 + H2O} \qquad & (1d) \\ \end{aligned} $$

a) Schreibe für jeden Reaktionsschritt separat die Geschwindigkeit $v$ auf.

b) Bestimme die Ordnung und die Molekularität jeder Reaktion.

c) Gib die Dimension und die Einheit der Geschwindigkeitskonstanten $k_a, k_{-a}, k_b, k_c, k_d$ an.

d) Stelle ein Geschwindigkeitsgesetz für $\ce{H2SO4}$ auf und finde einen Ausdruck, der nur von $\ce{SO2, OH, M, O2} \text{ und } \ce{H2O}$ abhängt, indem $\ce{HOSO2, SO3, SO3 \cdot H2O}$ quasistationär angenommen werden.

Gleichgewichtsreaktion (Übung 4)

Betrachte das Gleichgewicht zwischen den Isomeren von Zimtnitril

$$ \ce{cis <=>[$k_a$][$k_b$] trans} $$

Berechne die Relaxationszeit $\tau_R = \frac{1}{k_{eff}}$ für eine Auslenkung aus dem Gleichgewicht.

Nachmittag 1 - Arrhenius & Geschwindigkeitsgesetz Interpretation

Arrhenius (Sommer 2020)

Betrachte die in der untenstehenden Tabelle aufgelisteten Werte für die Reaktionsgeschwindigkeitskonstante bei verschiedenen Temperaturen $T$. Bestimme die Aktivierungsenergie $E_a$ der Reaktion. Reicht die thermische Energie bei $T = 600 \, ^{\circ}\mathrm{C}$ aus, um die Reaktionsbarriere zu überwinden?

$T \, / \, ^{\circ}\mathrm{C}$ $k \, / \, 10^{-7} \, \mathrm{s}^{-1}$
570.5 5.19
584.7 12.3
599.7 29.3
620.3 90.9

Reaktionsordnungen (Winter 2021)

Betrachte das Geschwindigkeitsgesetz für den Ozonabbau

$$ v_c = -\dd{[\ce{O3}]}{t} = k_1 [\ce{C2H4}] [\ce{O3}] + \frac{k' [\ce{C2H4}] [\ce{O3}]^2}{k_4 [\ce{O2}] + k_5} $$

a) Was sind die Reaktionsordnungen für den Ozonabbau bezüglich den Konzentrationen von $\ce{C2H4, O3, O2}$?

b) Betrachte die gemessenen Werte für die Reaktionsgeschwindigkeit $v_c$ in der untenstehenden Tabelle und bestimme damit Werte für die Grössen $k_1 [\ce{C2H4}]$ und $\frac{k' [\ce{C2H4}]}{k_4 [\ce{O2}] + k_5}.$ Gib einen Wert für die Geschwindigkeitskonstante $k_1$ an.

Die Werte wurden für die Anfangskonzentrationen $[\ce{O3}]_0 = 1.7 \cdot 10^{-7} \, \mathrm{M}, [\ce{C2H4}]_0 = 1.3 \cdot 10^{-4} \, \mathrm{M}$ und $[\ce{O2}]_0 = 0 \, \mathrm{M}$ bei einer Temperatur von $30 \, ^{\circ}\mathrm{C}$ gemessen.

$[\ce{O3}] \, / 10^{-6} \, \mathrm{M}$ $v_c \, / \, 10^{-6} \, \mathrm{M} \, \mathrm{s}^{-1}$
0.098 0.015
0.145 0.045
0.303 0.092
0.348 0.106
0.445 0.158
0.546 0.223
0.738 0.450
1.285 1.497

Morgen 2 - Prüfungsaufgabe Arrhenius & Geschwindigkeitsgesetz

Pyrolyse von Acetaldehyd (Sommer 2019)

Betrachte das Schema von Elementarreaktionen

$$ \begin{aligned} \ce{CH3CHO &->[$k_1$] CH3 + CHO} \qquad &\text{(R1)} \\ \ce{CHO &->[$k_2$] H + CO} \qquad &\text{(R2)} \\ \ce{H + CH3CHO &->[$k_3$] H2 + CH3CO} \qquad &\text{(R3)} \\ \ce{CH3 + CH3CHO &->[$k_4$] CH4 + CH3CO} \qquad &\text{(R4)} \\ \ce{CH3CO &->[$k_5$] CH3 + CO} \qquad &\text{(R5)} \\ \ce{CH3 + CH3 &->[$k_6$] C2H6} \qquad &\text{(R6)} \end{aligned} $$

a) Um was für einen Typ von Reaktionsschema handelt es sich? Bezeichne die Rollen der Reaktionen R1 bis R6.

b) Bei welchen Reaktionen im Reaktionsschema ist ein Stosspartner nötig? Begründe kurz.

c) Wie lauten die Geschwindigkeitsgesetze der einzelnen Reaktionen in Differentialform? Gib die Differentialquotienten der Konzentrationen aller relevanten Spezies nach der Zeit einschliesslich der funktionalen Zusammenhänge mit den Konzentrationen an. Ignoriere allfällige Stosspartner.

d) Was sind die Molekularitäten der Reaktionen R1 bis R6? Begründe kurz.

e) Was sind die Reaktionsordnungen der Reaktionen R1 bis R6? Begründe kurz.

f) Leite analytische Ausdrücke für die Konzentrationen $[\ce{CHO}], [\ce{H}], [\ce{CH3CO}]$ und $[\ce{CH3}]$ her, die nur noch von $[\ce{CH3CHO}]$ abhängen. Spezifiziere getroffene Annahmen.

g) Bei einem Versuch wurde mit dem Trägergas $\ce{N2}$ (ca. $1 \, \mathrm{bar}$) bei einer Temperatur von $T = 1000 \, \mathrm{K}$ Acetaldehyd beigefügt, sodass der Partialdruck $1 \, \mathrm{mbar}$ betrug. Wie gross war die Anfangskonzentration von Acetaldehyd in $\mathrm{cm^{-3}}$?

h) Zeige, dass für den Acetaldehyd-Abbau das Zeitgesetz

$$ -\dd{[\ce{CH3CHO}]}{t} = 2 k_1 [\ce{CH3CHO}] + k_4 \left( \frac{k_1}{k_6} \right)^{1/2} [\ce{CH3CHO}]^{3/2} $$

gilt.

i) Begründe, weshalb die Reaktionsgeschwindigkeitskonstante $k_1$ im Reaktionssystem R1 bis R6 i.A. nicht allein aufgrund von Reaktion R1 bestimmt werden kann. Welche Bedingungen müssen die zwei Summanden im obigen Zeitgesetz erfüllen, damit die Kinetik des Acetaldehyd-Abbaus einem Gesetz erster Ordnung folgt?

j) Bestimme aus der untenstehenden Tabelle die Arrhenius-Parameter $A$ und $E_a$ von Reaktion R1 grafisch oder numerisch.

$T \, / \mathrm{K}$ $k_1 \, / \mathrm{s^{-1}}$
1234 27.1
1196 13.9
1161 2.74
1141 1.98
1104 0.669
1068 0.274
1023 0.0318
813 $6.72 \cdot 10^{-7}$
772 $6.23 \cdot 10^{-8}$

k) Wie gross ist die Reaktionsgeschwindigkeitskonstante $k_1$ und die entsprechende Halbwertszeit $t_{1/2}$ bei $T = 1000 \, \mathrm{K}$?

Nachmittag 2 - Wirkungsquerschnitt & TST

Reaktionsgeschwindigkeit und Partialdrücke (U2)

Bei Reaktionen in der Gasphase werden anstelle von Konzentrationen $c_i(t)$ meist Partialdrücke $p_i(t)$ verwendet. Schreibe für den Zerfall von $\ce{N2O}$

$$ \ce{2N2O(g) -> 2N2(g) + O2(g)} $$

die Reaktionsgeschwindigkeit $v_c(t)$ als zeitliche Ableitung der Partialdrücke auf.

Wirkungsquerschnitt (U6)

In einem Molekülstrahlexperiment wurde bei $293 \, \mathrm{K}$ eine Abnahme der Strahlenintensität der Moleküle A von $10 \%$ auf einer Absorptionslänge von $1 \, \mathrm{cm}$ bei einem Druck von $1 \, \mathrm{Pa}$ des Stosspartners B gefunden. Ausserdem soll gelten, dass $m_B \gg m_A$ sowie $v_A = 1000 \mathrm{m/s}.$ Berechne den Wirkungsquerschnitt $\sigma$ und die dazugehörige spezifische Geschwindigkeitskonstante $k.$

Hinweis: Es darf angenommen werden, dass die Stosspartner B gleichmässig verteilt sind, und deren Geschwindigkeit vernachlässigt werden kann.

Molekülstrahlexperiment (U6)

In einem Molekülstrahlexperiment hat Hishinuma die totalen Stossquerschnitte $\sigma$ für den Stoss von $\ce{H}$ mit $\ce{D2}$ bestimmt. Für eine Geschwindigkeit des $\ce{H}$-Atomstrahls von $1 \, \mathrm{km/s}$ ergibt sich $\sigma = 0.8 \, \mathrm{nm^2}$ und für $8 \, \mathrm{km/s}$ findet man $\sigma = 0.4 \, \mathrm{nm^2}.$

a) Nach welcher Flugstrecke innerhalb einer Streukammer mit $2 \, \mathrm{Pa} \, \ce{D2}$ bei $94.5 \, \mathrm{K}$ ist die Intensität des Atomstrahls von $\ce{H}$ auf die Hälfte abgesunken, wenn man Geschwindigkeiten von je $1 \, \mathrm{km/s}$ und $8 \, \mathrm{km/s}$ zugrunde legt?

b) Was sind die Reaktionsgeschwindigkeitskonstanten $k(v)$ für die beigen Geschwindigkeiten, wenn man annimmt, dass $\sigma$ dem Reaktionsquerschnitt entspricht?

Theorie des Übergangszustandes (U10)

In den nachfolgenden Tabellen sind die gemessenen und berechneten Schwingungsfrequenzen (in $\mathrm{cm^{-1}}$) und die Rotationskonstanten von cis-Dichlorethylen, trans-Dichlorethylen und von dem Übergangszustand für die Reaktion

$$ \ce{cis-CHCl=CHCl <=>[k_a][k_b] trans-CHCl=CHCl} $$

aufgelistet.

Berechne die Geschwindigkeitskonstanten $k_a, k_b$ und die Gleichgewichtskonstante $K_c$ bei $T = 500 \, \mathrm{K}$. Verwende dazu die Theorie des Übergangszustandes und die Annahmen

  • $q_t, q_e$ und $g_{\text{Kern}}$ bleiben unverändert während der Reaktion
  • $\frac{q_{r,cis}}{q_{r,trans}} = \sqrt{\frac{(A \cdot B \cdot C)_{trans}}{(A \cdot B \cdot C)_{cis}}}$
  • Die Schwellenenergie betrage $E_0 = 230 \, \mathrm{kJ/mol}$ und die Nullpunktenergiedifferenz $\Delta E = 1.8 \, \mathrm{kJ/mol}.$

Schwingungsenergien $\tilde{\nu}$ in $\mathrm{cm^{-1}}$:

Zuordnung cis Übergangszustand trans
CH-Streck 3077 3075 3073
CC-Streck 1587 1582.5 1578
CH-Knick 1179 1226.5 1274
CCl-Streck 711 778.5 846
CCCl-Deformation 173 261.5 350
CH-Knick 876 888 900
Torsion 406 Reaktionskoordinate 227
CH-Streck 3072 3081 3090
CH-Knick 1303 1251.5 1200
CCl-Streck 857 842.5 828
CCCl-Deformation 571 410.5 250
CH-Knick 697 730 763

Rotationskonstanten in $\mathrm{cm^{-1}}$:

cis Übergangszustand trans
A 0.3860 1.13825 1.8905
B 0.0839 0.06715 0.0504
C 0.0689 0.05895 0.0490

Morgen 3 - Prüfung Winter 2021

Kinetik der Gasphasenreaktion zwischen Ozon und Alkenen (Winter 2021)

In den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts wurden die Reaktionen zwischen Ozon und ungesättigten Kohlenwasserstoffverbindungen intensiv studiert. In dieser Aufgabe soll die Kinetik des Gasphasenreaktionssystems zwischen Ozon und Alkenen (A) betrachtet werden. Aus ihren Untersuchungen leiteten Toby und Mitarbeiter das folgende Schema von Elementarreaktionen her:

$$ \begin{aligned} \ce{A + O3 &->[$k_1$] AO3} \qquad & \text{(R1)} \\ \ce{AO3 &->[$k_2$] 2R + P3} \qquad & \text{(R2)} \\ \ce{R + O3 &->[$k_3$] RO + O2} \qquad & \text{(R3)} \\ \ce{R + O2 &->[$k_4$] RO2} \qquad & \text{(R4)} \\ \ce{R &->[$k_5$] P2} \qquad & \text{(R5)} \\ \ce{RO + O3 &->[$k_6$] R + 2O2} \qquad & \text{(R6)} \\ \ce{RO + O3 &->[$k_7$] RO2 + O2} \qquad & \text{(R7)} \\ \ce{2RO2 &->[$k_8$] P3} \qquad & \text{(R8)} \end{aligned} $$

Dabei sind $\ce{P2}$ und $\ce{P3}$ stabile Produkte.

a) Bestimme unter der Annahme, dass es sich bei den angegebenen Reaktionen um Elementarreaktionen handelt, die Molekularität der Reaktionen (R1) bis (R8) und die Reaktionsordnungen bezüglich aller beteiligten Stoffe sowie total. Achte auf allfällige Stosspartner, welche im Reaktionsschema nicht explizit aufgeführt sind.

b) Gib die Differentialquotienten $\dd{[i]}{t}$ aller Reaktionspartner $i$ under Berücksichtigung aller Teilreaktionen (R1) bis (R8) einschliesslich der funktionalen Zusammenhänge mit den Konzentrationen $[i]$ (in $\mathrm{mol/L}$) der Teilchen $i$ in der Gasphase und der Reaktionsgeschwindigkeitskonstanten $k_j (j = 1, 2, \dots, 8)$ an. Lasse mögliche Stosspartner ausser Acht. Was sind die Einheiten der Reaktionsgeschwindigkeitskonstanten $k_j?$

Toby und Mitarbeiter fanden für den Ozonabbau die Beziehung

$$ v_c = -\dd{[\ce{O3}]}{t} = k_1 [\ce{A}][\ce{O3}] + \frac{k' [\ce{A}][\ce{O3}]^2}{k_4 [\ce{O2}] + k_5} $$

c) Was sind die Reaktionsordnungen für den Ozonabbau in Bezug auf die Konzentrationen von $\ce{A}, \ce{O3}$ und $\ce{O2}?$ Was ist die Bedeutung von $\ce{O2}$ im Reaktionsschema (R1) bis (R8)?

d) Das Reaktionsschema (R1) bis (R8) entspricht einer Kettenreaktion. Klassifiziere die einzelnen Reaktionen innerhalb der Kettenreaktion.

e) Schlage einen möglichen experimentellen Aufbau vor, mit welchem diese Gasphasenreaktionen untersucht werden könnten.

Toby und Mitarbeiter bestimmten die Reaktionsgeschwindigkeiten des $\ce{O3}$-Abbaus mit $\ce{C2H4}$ bei einer Temperatur von $30 \, ^{\circ}\mathrm{C}$ ohne Zugabe von Sauerstoff. Die Anfangskonzentrationen betrugen $[\ce{O3}] = 1.7 \cdot 10^{-6} \, \mathrm{M}$ und $[\ce{C2H4}] = 1.3 \cdot 10^{-4} \, \mathrm{M}.$ Die Reaktionsgeschwindigkeiten $v_c$ und die Ozonkonzentrationen im Laufe der Reaktion sind

$[\ce{O3}] \, / 10^{-6} \, \mathrm{M}$ $v_c \, / \, 10^{-6} \, \mathrm{M} \, \mathrm{s}^{-1}$
0.098 0.015
0.145 0.045
0.303 0.092
0.348 0.106
0.445 0.158
0.546 0.223
0.738 0.450
1.285 1.497

Wie am ersten Nachmittag gerechnet erhalten wir damit

$$ \begin{aligned} k_1 [\ce{C2H4}] \approx 0.0598 \, \mathrm{s^{-1}} \\ k' \frac{[\ce{C2H4}]}{k_4 [\ce{O2}] + k_5} \approx 801356 \, \mathrm{s^{-1} \cdot M^{-1}} \end{aligned} $$

f) Toby und Mitarbeiter haben auch Messungen bei verschiedenen Anfangskonzentrationen von $\ce{O2}$ gemacht und dabei für die Grösse $k' [\ce{C2H4}]/(k_4 [\ce{O2}] + k_5)$ folgende Werte erhalten:

$[\ce{O2}]_0 \, / 10^{-6} \, \mathrm{M}$ $k' [\ce{C2H4}]/(k_4 [\ce{O2}] + k_5) \, / \, 10^{-6} \, \mathrm{M}^{-1} \, \mathrm{s}^{-1}$
0.00 4.014
5.14 1.229
10.00 0.693
13.48 0.686
23.57 0.380
26.14 0.560
29.37 0.407

Bestimme aus diesen Messungen die Grössen $k'/k_4$ und $k'/k_5.$

g) Zeige, dass unter den Annahmen $k_3 [\ce{O3}] \ll k_4 [\ce{O2}]$ und $k_6 [\ce{RO}] \ll k_1 [\ce{A}]$ für die Reaktionsgeschwindigkeit $v_c$ gilt

$$ v_c = k_1 [\ce{A}][\ce{O3}] + \frac{k' [\ce{A}][\ce{O3}]^2}{k_4 [\ce{O2}] + k_5} $$

Hinweis: Beachte, dass $\ce{AO3}, \ce{R}$ und $\ce{RO}$ hochreaktive Substanzen sind.

Bestimme einen Ausdruck für die Reaktionsgeschwindigkeitskonstante $k'.$

Lösungen Aufgaben

Die Lösungen zu den Aufgaben werden jeweils zum Startpunkt der Besprechung aufgeschaltet, damit ihr allfällige Fragen auch gleich stellen könnt.

Morgen 1 - Grundlagen Geschwindigkeitsgesetze - Lösungen

Stöchiometrie

Welche der folgenden Grössen hängen von der gewählten Stöchiometrie ab?

  • Reaktionsordnung
  • Geschwindigkeitskonstante
  • Molekularität
  • Reaktionsgeschwindigkeit
Die Reaktionsgeschwindigkeit und die Geschwindigkeitskonstante hängen von der Stöchiometrie ab, da sie von der Wahl der Reaktionsgleichung abhängen.
Die Reaktionsordnung und die Molekularität sind unabhängig von der Stöchiometrie, da es sich um Eigenschaften der Reaktion handelt.

Halbwertszeit

Für eine Reaktion erster Ordnung ist die Lebenszeit $\tau = 100 \, \mathrm{s}.$ Berechne die Halbwertszeit $t_{1/2}$ der Reaktion.

Setzen wir die Definition der Lebenszeit ein, so erhalten wir $$ \tau = \frac{1}{k} = 100 \, \mathrm{s} \Rightarrow k = \frac{1}{100 \, \mathrm{s}} $$ womit wir die Halbwertszeit berechnen können $$ t_{1/2} = \frac{\ln(2)}{k} \approx 69.3 \, \mathrm{s} $$

Reaktionsnetzwerk (Sommer 2015)

Betrachte das System

$$ \begin{aligned} \ce{SO2 + OH + M &->[$k_a$] HOSO2 + M} \qquad & (1a) \\ \ce{HOSO2 + M &->[$k$_{-a}] SO2 + OH + M} \qquad & (1-a) \\ \ce{HOSO2 + O2 &->[$k_b$] SO3 + O2H} \qquad & (1b) \\ \ce{SO3 + (H2O)2 &->[$k_c$] SO3 \cdot H2O + H2O} \qquad & (1c) \\ \ce{SO3 \cdot H2O + H2O &->[$k_d$] H2SO4 + H2O} \qquad & (1d) \\ \end{aligned} $$

a) Schreibe für jeden Reaktionsschritt separat die Geschwindigkeit $v$ auf.

$\ce{SO2 + OH + M ->[$k_a$] HOSO2 + M}$ $$ v = -\dd{[\ce{SO2}]}{t} = -\dd{[\ce{OH}]}{t} = \dd{[\ce{HOSO2}]}{t} $$ Was ist mit $\dd{[\ce{M}]}{t}?$ Da $\ce{M}$ ein Katalysator ist, ist die Konzentration von $\ce{M}$ konstant. Daher ist $\dd{[\ce{M}]}{t} = 0!$ $\ce{HOSO2 + M ->[$k$_{-a}] SO2 + OH + M}$ $$ v = -\dd{[\ce{HOSO2}]}{t} = \dd{[\ce{SO2}]}{t} = \dd{[\ce{OH}]}{t} $$ $\ce{HOSO2 + O2 ->[$k_b$] SO3 + O2H}$ $$ v = -\dd{[\ce{HOSO2}]}{t} = -\dd{[\ce{O2}]}{t} = \dd{[\ce{SO3}]}{t} = \dd{[\ce{O2H}]}{t} $$ $\ce{SO3 + (H2O)2 ->[$k_c$] SO3 \cdot H2O + H2O}$ $$ v = -\dd{[\ce{SO3}]}{t} = -\dd{[\ce{(H2O)2}]}{t} = \dd{[\ce{SO3 \cdot H2O}]}{t} = \dd{[\ce{H2O}]}{t} $$ $\ce{SO3 \cdot H2O + H2O ->[$k_d$] H2SO4 + H2O}$ $$ v = -\dd{[\ce{SO3 \cdot H2O}]}{t} = \dd{[\ce{H2SO4}]}{t} $$ Was ist mit $\dd{[\ce{H2O}]}{t}?$ Da $\ce{H2O}$ ein Stosspartner ist, ist die Konzentration von $\ce{H2O}$ konstant. Daher ist $\dd{[\ce{H2O}]}{t} = 0.$

b) Bestimme die Ordnung und die Molekularität jeder Reaktion.

$$\ce{SO2 + OH + M ->[$k_a$] HOSO2 + M}$$ Bimolekular, da die Energie in den Schwingungen der $\ce{HOSO2}$-Bindungen zwischengespeichert werden kann, bevor sie vom Stosspartner $\ce{M}$ abgeführt wird.
Ordnungen:
  • $\ce{SO2}$: 1
  • $\ce{OH}$: 1
  • $\ce{M}$: 0-1
  • Total: 2-3
$$\ce{HOSO2 + M ->[$k$_{-a}] SO2 + OH + M}$$ Unimolekular, wesentlich ist der Zerfall von $\ce{HOSO2}$ und nicht die Anregung durch $\ce{M}$.
Ordnungen:
  • $\ce{HOSO2}$: 1
  • $\ce{M}$: 0-1
  • Total: 1-2
$$\ce{HOSO2 + O2 ->[$k_b$] SO3 + O2H}$$ Bimolekular, beide Reaktanden müssen aneinander stossen, damit die Reaktion stattfinden kann.
Ordnungen:
  • $\ce{HOSO2}$: 1
  • $\ce{O2}$: 1
  • Total: 2
$$\ce{SO3 + (H2O)2 ->[$k_c$] SO3 \cdot H2O + H2O}$$ Bimolekular, beide Reaktanden müssen aneinander stossen, damit die Reaktion stattfinden kann.
Ordnungen:
  • $\ce{SO3}$: 1
  • $\ce{(H2O)2}$: 1
  • Total: 2
$$\ce{SO3 \cdot H2O + H2O ->[$k_d$] H2SO4 + H2O}$$ Unimolekular, wesentlich ist der Zerfall von $\ce{SO3 \cdot H2O}$ und nicht die Anregung durch $\ce{H2O}$.
Ordnungen:
  • $\ce{SO3 \cdot H2O}$: 1
  • $\ce{H2O}$: 0-1
  • Total: 1-2

c) Gib die Dimension und die Einheit der Geschwindigkeitskonstanten $k_a, k_{-a}, k_b, k_c, k_d$ an.

Bemerke, dass alle Gesetze bis auf da für $(1-a) \text{ und } (1d)$ von der Form $v = k \cdot c_1 \cdot c_2$ sind (wobei der Stosspartner jeweils bereits in $k$ enthalten ist). Daher gilt für $k_{-a}$ und $k_d'$: $$ \begin{aligned} \text{Dimension: } & \frac{1}{\text{Zeit}} \\\\ \text{Einheit: } & \frac{1}{\text{s}} \\\\ \end{aligned} $$ Für $k_a, k_b, k_c$ gilt: $$ \begin{aligned} \text{Dimension: } & \frac{1}{\text{Zeit} \cdot \text{Konzentration}} \\\\ \text{Einheit: } & \frac{l}{\text{s} \cdot \text{mol}} \\\\ \end{aligned} $$

d) Stelle ein Geschwindigkeitsgesetz für $\ce{H2SO4}$ auf und finde einen Ausdruck, der nur von $\ce{SO2, OH, M, O2} \text{ und } \ce{H2O}$ abhängt, indem $\ce{HOSO2, SO3, SO3 \cdot H2O}$ quasistationär angenommen werden.

Zur Einfachheit definieren wir $$ \begin{aligned} k_a' = k_a \cdot [\ce{M}]^m \\\\ k_{-a}' = k_{-a} \cdot [\ce{M}]^n \\\\ k_d' = k_d \cdot [\ce{H2O}]^o \\\\ \end{aligned} $$ wobei $m,n,o$ jeweils die Ordnung der Stosspartner in den entsprechenden Reaktionen sind. Schreibe zuerst das gesuchte Geschwindigkeitsgesetz für $\ce{H2SO4}$ auf: $$ \dd{[\ce{H2SO4}]}{t} = k_d' \cdot [\ce{SO3 \cdot H2O}] $$ Dann die Quasistationaritätsbedingungen für $\ce{HOSO2, SO3, SO3 \cdot H2O}$: $$ \begin{aligned} \dd{[\ce{HOSO2}]}{t} &= k_a' \cdot [\ce{SO2}] \cdot [\ce{OH}] - k_{-a}' \cdot [\ce{HOSO2}] -k_b [\ce{HOSO2}] \cdot [\ce{O2}] &= 0 \qquad & (1) \\\\ \dd{[\ce{SO3}]}{t} &= k_b \cdot [\ce{HOSO2}] \cdot [\ce{O2}] - k_c \cdot [\ce{SO3}] \cdot [\ce{(H2O)2}] &= 0 \qquad & (2) \\\\ \dd{[\ce{SO3 \cdot H2O}]}{t} &= k_c \cdot [\ce{SO3}] \cdot [\ce{(H2O)2}] - k_d' \cdot [\ce{SO3 \cdot H2O}] &= 0 \qquad & (3)\\\\ \end{aligned} $$ Aus $(3)$ und $(2)$ erkenne, dass $$ k_d' \cdot [\ce{SO3 \cdot H2O}] = k_c \cdot [\ce{SO3}] \cdot [\ce{(H2O)2}] = k_b \cdot [\ce{HOSO2}] \cdot [\ce{O2}] \qquad (4) $$ Aus $(1)$ folgt $$ [\ce{HOSO2}] = \frac{k_a' \cdot [\ce{SO2}] \cdot [\ce{OH}]}{k_{-a}' + k_b \cdot [\ce{O2}]} \qquad (5) $$ Setze $(5)$ in $(4)$ ein und erhalte das gesuchte Geschwindigkeitsgesetz für $\ce{H2SO4}$: $$ \dd{[\ce{H2SO4}]}{t} = k_b \cdot [\ce{O2}] \cdot \frac{k_a' \cdot [\ce{SO2}] \cdot [\ce{OH}]}{k_{-a}' + k_b \cdot [\ce{O2}]} $$

Gleichgewichtsreaktion (Übung 4)

Betrachte das Gleichgewicht zwischen den Isomeren von Zimtnitril

$$ \ce{cis <=>[$k_a$][$k_b$] trans} $$

Berechne die Relaxationszeit $\tau_R = \frac{1}{k_{eff}}$ für eine Auslenkung aus dem Gleichgewicht.

Für solche aufgaben benötigen wir die Definition $$ \Delta = \frac{1}{\nu_i} \cdot (c_i - c_i^{eq}) $$ für die Auslenkung aus dem Gleichgewicht.
Schreibe zuerst das Geschwindigkeitsgesetz auf $$ \dd{[\ce{cis}]}{t} = -k_a \cdot [\ce{cis}] + k_b \cdot [\ce{trans}] $$ und setze dies in die Definition von $\Delta$ ein $$ \begin{aligned} \Delta &= -(c_{\ce{cis}} - c_{\ce{cis}}^{eq}) = c_{\ce{cis}}^{eq} - c_{\ce{cis}} & \Rightarrow c_{\ce{cis}} = c_{\ce{cis}}^{eq} - \Delta \\\\ \Delta &= c_{\ce{trans}} - c_{\ce{trans}}^{eq} & \Rightarrow c_{\ce{trans}} = \Delta + c_{\ce{trans}}^{eq} \\\\ \end{aligned} $$ Setze dies in das Geschwindigkeitsgesetz ein $$ \begin{aligned} & \dd{[\ce{cis}]}{t} = \dd{c_{\ce{cis}}^{eq} - \Delta}{t} = -k_a (c_{\ce{cis}^{eq}} - \Delta) + k_b (\Delta + c_{\ce{trans}}^{eq}) \\\\ & \Rightarrow -\dd{\Delta}{t} = k_a \Delta + k_b \Delta -k_a c_{\ce{cis}}^{eq} + k_b c_{\ce{trans}}^{eq} = (k_a + k_b) \Delta \\\\ \end{aligned} $$ Wobei wir im letzten Schritt bemerkt haben, dass $-k_a c_{\ce{cis}}^{eq} + k_b c_{\ce{trans}}^{eq} = 0,$ da im Gleichgewicht die Vor- und Rückreaktion gleich schnell ablaufen. Wir haben also eine einfache DGL, wie wir sie schon aus PC0 kennen $$ -\dd{\Delta}{t} = (k_a + k_b) \Delta = k_{eff} \Delta $$ welche die Lösung $$ \Delta(t) = \Delta_0 \cdot e^{-k_{eff} t} $$ mit $k_{eff} = k_a + k_b$ und der Relaxationszeit $\tau_R = \frac{1}{k_{eff}} = \frac{1}{k_a+k_b}$ hat.

Nachmittag 1 - Arrhenius & Geschwindigkeitsgesetz Interpretation - Lösungen

Arrhenius (Sommer 2020)

Betrachte die in der untenstehenden Tabelle aufgelisteten Werte für die Reaktionsgeschwindigkeitskonstante bei verschiedenen Temperaturen $T$. Bestimme die Aktivierungsenergie $E_a$ der Reaktion. Reicht die thermische Energie bei $T = 600 \, ^{\circ}\mathrm{C}$ aus, um die Reaktionsbarriere zu überwinden?

$T \, / \, ^{\circ}\mathrm{C}$ $k \, / \, 10^{-7} \, \mathrm{s}^{-1}$
570.5 5.19
584.7 12.3
599.7 29.3
620.3 90.9
Rechne in SI-Einheiten, also in Kelvin, nicht in Grad Celsius! Dann benutzen wir die Arrhenius-Gleichung in linearer Form $$ \ln k = \ln A - \frac{E_a}{R} \cdot \frac{1}{T} $$ und führen eine lineare Regression durch. Dies ergibt die Steigung $m$ und den Achsenabschnitt $b$ der Geraden $$ \begin{aligned} m &\approx - 44315.7 \\\\ b &\approx 36.87 \end{aligned} $$ Damit folgt $$ E_a = -m \cdot R \approx 360 \cdot \, \mathrm{kJ/mol} $$ Die Thermische Energie bei $T = 600 \, ^{\circ}\mathrm{C}$ beträgt $$ E_{\mathrm{therm}} = k_B \cdot T \approx 7 \cdot \, \mathrm{kJ/mol} $$ womit die Reaktionsbarriere nicht überwunden werden kann, die Reaktion wird also so gut wie nicht stattfinden.

Reaktionsordnungen (Winter 2021)

Betrachte das Geschwindigkeitsgesetz für den Ozonabbau

$$ v_c = -\dd{[\ce{O3}]}{t} = k_1 [\ce{C2H4}] [\ce{O3}] + \frac{k' [\ce{C2H4}] [\ce{O3}]^2}{k_4 [\ce{O2}] + k_5} $$

a) Was sind die Reaktionsordnungen für den Ozonabbau bezüglich den Konzentrationen von $\ce{C2H4, O3, O2}$?

Es lässt sich lediglich $\ce{C2H4}$ komplett ausklammern, womit $$ v_c = [\ce{C2H4}] \left( k_1 [\ce{O3}] + \frac{k' [\ce{O3}]^2}{k_4 [\ce{O2}] + k_5} \right) $$ und somit die Reaktion bezüglich $\ce{C2H4}$ erster Ordnung und die Ordnung bezüglich der anderen Stoffe nicht definiert ist.

b) Betrachte die gemessenen Werte für die Reaktionsgeschwindigkeit $v_c$ in der untenstehenden Tabelle und bestimme damit Werte für die Grössen $k_1 [\ce{C2H4}]$ und $\frac{k' [\ce{C2H4}]}{k_4 [\ce{O2}] + k_5}.$ Gib einen Wert für die Geschwindigkeitskonstante $k_1$ an.

Die Werte wurden für die Anfangskonzentrationen $[\ce{O3}]_0 = 1.7 \cdot 10^{-7} \, \mathrm{M}, [\ce{C2H4}]_0 = 1.3 \cdot 10^{-4} \, \mathrm{M}$ und $[\ce{O2}]_0 = 0 \, \mathrm{M}$ bei einer Temperatur von $30 \, ^{\circ}\mathrm{C}$ gemessen.

$[\ce{O3}] \, / 10^{-6} \, \mathrm{M}$ $v_c \, / \, 10^{-6} \, \mathrm{M} \, \mathrm{s}^{-1}$
0.098 0.015
0.145 0.045
0.303 0.092
0.348 0.106
0.445 0.158
0.546 0.223
0.738 0.450
1.285 1.497
Wir können das gegebene Geschwindigkeitsgesetz linearisieren, indem wir durch $[\ce{O3}]$ dividieren und erhalten $$ \frac{v_c}{[\ce{O3}]} = k_1 [\ce{C2H4}] + \frac{k' [\ce{C2H4}]}{k_4 [\ce{O2}] + k_5} [\ce{O3}] $$ Durch lineare Regression von $\frac{v_c}{[\ce{O3}]}$ gegen $[\ce{O3}]$ erhalten wir die Steigung $m$ und den Achsenabschnitt $b$ der Geraden $$ \begin{aligned} m &\approx 801356 \\\\ b &\approx 0.0598 \end{aligned} $$ Damit folgt $$ \begin{aligned} k_1 [\ce{C2H4}] = b \approx 0.0598 \, \mathrm{s^{-1}} \\\\ k' \frac{[\ce{C2H4}]}{k_4 [\ce{O2}] + k_5} \approx 801356 \, \mathrm{s^{-1} \cdot M^{-1}} \end{aligned} $$ Wie wissen wir die Einheiten? Da $v_c$ in $\mathrm{M/s}$ gegeben folgt, dass $\frac{v_c}{[\ce{O3}]}$ die Einheit $\mathrm{1/s}$ hat, welche auch auf der rechten Seite der Gleichung stehen muss.

Da $[\ce{C2H4}]_0 \gg [\ce{O3}]_0,$ können wir annehmen, dass $[\ce{C2H4}] \approx [\ce{C2H4}]_0$ womit wir $$ k_1 = \frac{b}{[\ce{C2H4}]} \approx \frac{b}{[\ce{C2H4}]_0} \approx 460 \, \mathrm{s^{-1} \cdot M^{-1}} $$ erhalten.

Morgen 2 - Prüfungsaufgabe Arrhenius & Geschwindigkeitsgesetz - Lösungen

Pyrolyse von Acetaldehyd (Sommer 2019)

Betrachte das Schema von Elementarreaktionen

$$ \begin{aligned} \ce{CH3CHO &->[$k_1$] CH3 + CHO} \qquad &\text{(R1)} \\ \ce{CHO &->[$k_2$] H + CO} \qquad &\text{(R2)} \\ \ce{H + CH3CHO &->[$k_3$] H2 + CH3CO} \qquad &\text{(R3)} \\ \ce{CH3 + CH3CHO &->[$k_4$] CH4 + CH3CO} \qquad &\text{(R4)} \\ \ce{CH3CO &->[$k_5$] CH3 + CO} \qquad &\text{(R5)} \\ \ce{CH3 + CH3 &->[$k_6$] C2H6} \qquad &\text{(R6)} \end{aligned} $$

a) Um was für einen Typ von Reaktionsschema handelt es sich? Bezeichne die Rollen der Reaktionen R1 bis R6.

(R1 - R3): Kettenstart
(R4 - R5): Kettenträger
R6: Kettenende

b) Bei welchen Reaktionen im Reaktionsschema ist ein Stosspartner nötig? Begründe kurz.

Für R1, R2, R5 wird ein Stosspartner zur Dissoziation benötigt.
Für R6 wäre ein Stosspartner evtl. hilfreich, z.B. zur Abregung angeregter Produktzustände.

c) Wie lauten die Geschwindigkeitsgesetze der einzelnen Reaktionen in Differentialform? Gib die Differentialquotienten der Konzentrationen aller relevanten Spezies nach der Zeit einschliesslich der funktionalen Zusammenhänge mit den Konzentrationen an. Ignoriere allfällige Stosspartner.

$$ \begin{aligned} -\dd{[\ce{CH3CHO}]}{t} &= \dd{[\ce{CHO}]}{t} = \dd{[\ce{CH3}]}{t} = k_1 [\ce{CH3CHO}] \qquad &\text{R1}\\\\ -\dd{[\ce{CHO}]}{t} &= \dd{[\ce{H}]}{t} = \dd{[\ce{CO}]}{t} = k_2 [\ce{CHO}] \qquad &\text{R2}\\\\ -\dd{[\ce{H}]}{t} &= -\dd{[\ce{CH3CHO}]}{t} = \dd{[\ce{H2}]}{t} = \dd{[\ce{CH3CO}]}{t} = k_3 [\ce{H}][\ce{CH3CHO}] \qquad &\text{R3}\\\\ -\dd{[\ce{CH3}]}{t} &= -\dd{[\ce{CH3CHO}]}{t} = \dd{[\ce{CH4}]}{t} = \dd{[\ce{CH3CO}]}{t} = k_4 [\ce{CH3}][\ce{CH3CHO}] \qquad &\text{R4}\\\\ -\dd{[\ce{CH3CO}]}{t} &= \dd{[\ce{CH3}]}{t} = \dd{[\ce{CO}]}{t} = k_5 [\ce{CH3CO}] \qquad &\text{R5}\\\\ -\frac{1}{2}\dd{[\ce{CH3}]}{t} &= \dd{[\ce{C2H6}]}{t} = k_6 [\ce{CH3}]^2 \qquad &\text{R6} \end{aligned} $$

d) Was sind die Molekularitäten der Reaktionen R1 bis R6? Begründe kurz.

R1, R2, R5: Unimolekular
R3, R4, R6: Bimolekular (keine Atomrekombinationen)

e) Was sind die Reaktionsordnungen der Reaktionen R1 bis R6? Begründe kurz.

R1, R2: 1-2. Ordnung (Stosspartner nicht vergessen!)
R3, R4: 2. Ordnung
R5: 2-3. Ordnung (Stosspartner nicht vergessen!)
R6: 2-3. Ordnung (Stosspartner bringt evtl. was)

f) Leite analytische Ausdrücke für die Konzentrationen $[\ce{CHO}], [\ce{H}], [\ce{CH3CO}]$ und $[\ce{CH3}]$ her, die nur noch von $[\ce{CH3CHO}]$ abhängen. Spezifiziere getroffene Annahmen.

Wir benutzen die Quasistationaritätsannahme für die Radikale $\ce{H, CHO, CH3CO und CH3}$: $$ \begin{aligned} \dd{[\ce{H}]}{t} &= k_2 [\ce{CHO}] - k_3 [\ce{H}][\ce{CH3CHO}] &= 0 &\qquad (1) \\\\ \dd{[\ce{CHO}]}{t} &= k_1 [\ce{CH3CHO}] - k_2 [\ce{CHO}] &= 0 &\qquad (2) \\\\ \dd{[\ce{CH3CO}]}{t} &= k_3 [\ce{H}][\ce{CH3CHO}] - k_4 [\ce{CH3}][\ce{CH3CHO}] - k_5 [\ce{CH3CO}] &= 0 &\qquad (3) \\\\ \dd{[\ce{CH3}]}{t} &= k_1 [\ce{CH3CHO}] -k_4 [\ce{CH3}][\ce{CH3CHO}] + k_5 [\ce{CH3CO}] - 2 k_6 [\ce{CH3}]^2 &= 0 &\qquad (4) \end{aligned} $$ Aus $(1)$ und $(3)$ erhalten wir $$ \begin{aligned} \ [\ce{CHO}] &= \frac{k_1}{k_2} [\ce{CH3CHO}] \\\\ [\ce{H}] &= \frac{k_2 [\ce{CHO}]}{k_3 [\ce{CH3CHO}]} = \frac{k_1}{k_3} \end{aligned} $$ Addition von $(3)$ und $(4)$ liefert $$ k_3 [\ce{H}][\ce{CH3CHO}] + k_1 [\ce{CH3CHO}] - 2 k_6 [\ce{CH3}]^2 = 0 $$ Einsetzen von $[\ce{H}]$ ergibt $$ [\ce{CH3}] = \sqrt{\frac{k_1}{k_6} [\ce{CH3CHO}]} $$ Setzen wir die erhaltenen Resultate wieder in $(3)$ ein, erhalten wir $$ [\ce{CH3CO}] = \frac{1}{k_5} [\ce{CH3CHO}] \left( k_1 + k_4 [\ce{CH3}] \right) = \frac{[\ce{CH3CHO}]}{k_5} \left( k_1 + k_4 \sqrt{\frac{k_1}{k_6} [\ce{CH3CHO}]} \right) $$

g) Bei einem Versuch wurde mit dem Trägergas $\ce{N2}$ (ca. $1 \, \mathrm{bar}$) bei einer Temperatur von $T = 1000 \, \mathrm{K}$ Acetaldehyd beigefügt, sodass der Partialdruck $1 \, \mathrm{mbar}$ betrug. Wie gross war die Anfangskonzentration von Acetaldehyd in $\mathrm{cm^{-3}}$?

Der totale Druck bleibt annäherungsweise $1 \, \mathrm{bar}$ womit nach dem idealen Gasgesetz $$ p V = n R T \qquad \Rightarrow \qquad c = \frac{n}{V} = \frac{p}{R T} $$ folgt $$ [\ce{CH3CHO}]_0 = \frac{100 \, \mathrm{Pa}}{R T N_A} \approx 7.25 \cdot 10^{15} \, \mathrm{cm^{-3}} $$

h) Zeige, dass für den Acetaldehyd-Abbau das Zeitgesetz

$$ -\dd{[\ce{CH3CHO}]}{t} = 2 k_1 [\ce{CH3CHO}] + k_4 \left( \frac{k_1}{k_6} \right)^{1/2} [\ce{CH3CHO}]^{3/2} $$

gilt.

Das gesuchte Geschwindigkeitsgesetz lautet $$ -\dd{[\ce{CH3CHO}]}{t} = k_1 [\ce{CH3CHO}] + k_3 [\ce{H}][\ce{CH3COH}] + k_4 [\ce{CH3}][\ce{CH3CHO}] $$ Setzen wir die Resultate aus der vorherigen Teilaufgabe ein, erhalten wir direkt das gesuchte Zeitgesetz.

i) Begründe, weshalb die Reaktionsgeschwindigkeitskonstante $k_1$ im Reaktionssystem R1 bis R6 i.A. nicht allein aufgrund von Reaktion R1 bestimmt werden kann. Welche Bedingungen müssen die zwei Summanden im obigen Zeitgesetz erfüllen, damit die Kinetik des Acetaldehyd-Abbaus einem Gesetz erster Ordnung folgt?

Die Reaktionen sind nicht unabhängig voneinander, da die Radikale $\ce{H, CHO, CH3CO und CH3}$ durch mehrere Reaktionen gebildet und verbraucht werden.
Der erste Summand muss viel grösser sein als der zweite, damit die Kinetik einem Gesetz erster Ordnung folgt.

j) Bestimme aus der untenstehenden Tabelle die Arrhenius-Parameter $A$ und $E_a$ von Reaktion R1 grafisch oder numerisch.

$T \, / \mathrm{K}$ $k_1 \, / \mathrm{s^{-1}}$
1234 27.1
1196 13.9
1161 2.74
1141 1.98
1104 0.669
1068 0.274
1023 0.0318
813 $6.72 \cdot 10^{-7}$
772 $6.23 \cdot 10^{-8}$
Arrhenius-Gleichung in linearisierter Form $$ \ln k_1 = \ln A - \frac{E_a}{R} \frac{1}{T} $$ Durch auftragen von $\ln k_1$ gegen $\frac{1}{T}$ auf Papier oder lineare Regression erhalten wir $$ \ln A \approx 37.2292 \qquad \Rightarrow \qquad A \approx 1.474 \cdot 10^{16} \, \mathrm{s^{-1}} $$ $$ - \frac{E_a}{R} \approx - 41630 \qquad \Rightarrow \qquad E_a \approx 346.1 \, \mathrm{kJ \, mol^{-1}} $$

k) Wie gross ist die Reaktionsgeschwindigkeitskonstante $k_1$ und die entsprechende Halbwertszeit $t_{1/2}$ bei $T = 1000 \, \mathrm{K}$?

Über die Arrhenius-Gleichung erhalten wir $$ k_1 = A \exp \left( - \frac{E_a}{R T} \right) \approx 0.0123 \, \mathrm{s^{-1}} $$ Die Halbwertszeit berechnet sich zu $$ t_{1/2} = \frac{\ln 2}{k_1} \approx 56.4 \, \mathrm{s} $$

Nachmittag 2 - Wirkungsquerschnitt & TST - Lösungen

Reaktionsgeschwindigkeit und Partialdrücke (U2)

Bei Reaktionen in der Gasphase werden anstelle von Konzentrationen $c_i(t)$ meist Partialdrücke $p_i(t)$ verwendet. Schreibe für den Zerfall von $\ce{N2O}$

$$ \ce{2N2O(g) -> 2N2(g) + O2(g)} $$

die Reaktionsgeschwindigkeit $v_c(t)$ als zeitliche Ableitung der Partialdrücke auf.

Das Geschwindigkeitsgesetz lautet $$ v_c = -\frac{1}{2} \dd{[\ce{N2O}]}{t} = \frac{1}{2} \dd{[\ce{N2}]}{t} = \dd{[\ce{O2}]}{t} $$ Mit der idealen Gasgleichung $$ \begin{aligned} p V &= n R T \\\\ \Rightarrow c_i &= \frac{n_i}{V} = \frac{p_i}{R T} \end{aligned} $$ womit $$ v_c = -\frac{1}{2 R T} \dd{p_{\ce{N2O}}}{t} = \frac{1}{2 R T} \dd{p_{\ce{N2}}}{t} = \frac{1}{R T} \dd{p_{\ce{O2}}}{t} $$ gilt.

Wirkungsquerschnitt (U6)

In einem Molekülstrahlexperiment wurde bei $293 \, \mathrm{K}$ eine Abnahme der Strahlenintensität der Moleküle A von $10 \%$ auf einer Absorptionslänge von $1 \, \mathrm{cm}$ bei einem Druck von $1 \, \mathrm{Pa}$ des Stosspartners B gefunden. Ausserdem soll gelten, dass $m_B \gg m_A$ sowie $v_A = 1000 \mathrm{m/s}.$ Berechne den Wirkungsquerschnitt $\sigma$ und die dazugehörige spezifische Geschwindigkeitskonstante $k.$

Hinweis: Es darf angenommen werden, dass die Stosspartner B gleichmässig verteilt sind, und deren Geschwindigkeit vernachlässigt werden kann.

Wenn $10 \%$ absorbiert werden entspricht dies $$ I = 0.9 \cdot I_0 \Rightarrow \frac{I_0}{I} = \frac{10}{9} $$ Damit folgt nach dem Lambert-Beer Gesetz $$ \ln \left( \frac{10}{9} \right) = \sigma \cdot \frac{p_B N_A}{RT} \cdot l $$ womit $$ \sigma = \frac{RT}{p_B N_A l} \ln \left( \frac{10}{9} \right) \approx 2.13 \cdot 10^{-20} \, \mathrm{m^2} $$ und $$ k = \abk{\sigma} \abk{v_{rel}} = \sigma \cdot v_A \approx 2.13 \cdot 10^{-17} \, \mathrm{m^3/s} \approx 0.0128 \, \mathrm{M^{-1} \, s^{-1}} $$ folgt.

Molekülstrahlexperiment (U6)

In einem Molekülstrahlexperiment hat Hishinuma die totalen Stossquerschnitte $\sigma$ für den Stoss von $\ce{H}$ mit $\ce{D2}$ bestimmt. Für eine Geschwindigkeit des $\ce{H}$-Atomstrahls von $1 \, \mathrm{km/s}$ ergibt sich $\sigma = 0.8 \, \mathrm{nm^2}$ und für $8 \, \mathrm{km/s}$ findet man $\sigma = 0.4 \, \mathrm{nm^2}.$

a) Nach welcher Flugstrecke innerhalb einer Streukammer mit $2 \, \mathrm{Pa} \, \ce{D2}$ bei $94.5 \, \mathrm{K}$ ist die Intensität des Atomstrahls von $\ce{H}$ auf die Hälfte abgesunken, wenn man Geschwindigkeiten von je $1 \, \mathrm{km/s}$ und $8 \, \mathrm{km/s}$ zugrunde legt?

Nach dem Lambert-Beer Gesetz gilt $$ \ln \left( \frac{I_0}{I} \right) = \sigma \cdot \frac{p N_A}{RT} \cdot l $$ folgt für die Flugstrecke $l$ $$ l = \frac{RT}{p N_A \sigma} \ln \left( \frac{I_0}{I} \right) $$ Damit folgt $$ \begin{aligned} \sigma &= 0.4 \, \mathrm{nm^2} &\Rightarrow l &\approx 0.113 \, \mathrm{cm} \\\\ \sigma &= 0.8 \, \mathrm{nm^2} &\Rightarrow l &\approx 0.057 \, \mathrm{cm} \end{aligned} $$

b) Wie gross ist die mittlere freie Weglänge $\lambda$ der $\ce{H}$-Atome bei $1 \, \mathrm{km/s}$ und $8 \, \mathrm{km/s}$ in $\ce{D2}$ bei $94.5 \, \mathrm{K}$?

Für die Geschwindigkeitskonstante erhalten wir $$ k = \abk{\sigma} \abk{v_{rel}} \approx \sigma \cdot v_H $$ und damit $$ \begin{aligned} v_H &= 1 \, \mathrm{km/s} &\Rightarrow k &\approx 8.0 \cdot 10^{-10} \, \mathrm{cm^3 / s} \\\\ v_H &= 8 \, \mathrm{km/s} &\Rightarrow k &\approx 3.2 \cdot 10^{-9} \, \mathrm{cm^3 / s} \end{aligned} $$

Theorie des Übergangszustandes (U10)

In den nachfolgenden Tabellen sind die gemessenen und berechneten Schwingungsfrequenzen (in $\mathrm{cm^{-1}}$) und die Rotationskonstanten von cis-Dichlorethylen, trans-Dichlorethylen und von dem Übergangszustand für die Reaktion

$$ \ce{cis-CHCl=CHCl <=>[k_a][k_b] trans-CHCl=CHCl} $$

aufgelistet.

Berechne die Geschwindigkeitskonstanten $k_a, k_b$ und die Gleichgewichtskonstante $K_c$ bei $T = 500 \, \mathrm{K}$. Verwende dazu die Theorie des Übergangszustandes und die Annahmen

  • $q_t, q_e$ und $g_{\text{Kern}}$ bleiben unverändert während der Reaktion
  • $\frac{q_{r,cis}}{q_{r,trans}} = \sqrt{\frac{(A \cdot B \cdot C)_{trans}}{(A \cdot B \cdot C)_{cis}}}$
  • Die Schwellenenergie betrage $E_0 = 230 \, \mathrm{kJ/mol}$ und die Nullpunktenergiedifferenz $\Delta E = 1.8 \, \mathrm{kJ/mol}.$

Schwingungsenergien $\tilde{\nu}$ in $\mathrm{cm^{-1}}$:

Zuordnung cis Übergangszustand trans
CH-Streck 3077 3075 3073
CC-Streck 1587 1582.5 1578
CH-Knick 1179 1226.5 1274
CCl-Streck 711 778.5 846
CCCl-Deformation 173 261.5 350
CH-Knick 876 888 900
Torsion 406 Reaktionskoordinate 227
CH-Streck 3072 3081 3090
CH-Knick 1303 1251.5 1200
CCl-Streck 857 842.5 828
CCCl-Deformation 571 410.5 250
CH-Knick 697 730 763

Rotationskonstanten in $\mathrm{cm^{-1}}$:

cis Übergangszustand trans
A 0.3860 1.13825 1.8905
B 0.0839 0.06715 0.0504
C 0.0689 0.05895 0.0490
Nach der Theorie des Übergangszustandes gilt $$ \begin{aligned} k_a(T) &= \frac{k_B T}{h} \frac{q^{\ddagger}}{q_{cis}} \exp \left( - \frac{E_0}{RT} \right) \\\\ k_b(T) &= \frac{k_B T}{h} \frac{q^{\ddagger}}{q_{trans}} \exp \left( - \frac{E_0 - \Delta E}{RT} \right) \end{aligned} $$ Wir müssen also die (sich verändernden) Zustandssummen berechnen $$ \begin{aligned} \frac{q_r^{\ddagger}}{q_{r, cis}} &= \sqrt{\frac{(A \cdot B \cdot C)_{cis}}{(A \cdot B \cdot C)^{\ddagger}}} &= 0.70 \\\\ \frac{q_r^{\ddagger}}{q_{r, trans}} &= \sqrt{\frac{(A \cdot B \cdot C)_{trans}}{(A \cdot B \cdot C)^{\ddagger}}} &= 1.02 \\\\ q_{v, cis} &= \prod_j \frac{1}{1 - \exp \left( - \beta h c \tilde{\nu}_{j, cis} \right)} &= 7.75 \\\\ q_{v, trans} &= \prod_j \frac{1}{1 - \exp \left( - \beta h c \tilde{\nu}_{j, trans} \right)} &= 10.08 \\\\ q_v^{ddagger} &= \prod_j \frac{1}{1 - \exp \left( - \beta h c \tilde{\nu}_j^{\ddagger} \right)} &= 4.43 \end{aligned} $$ wobei für die Vibrationszustandssummen gemeint ist, dass jeweils die Schwingungsfrequenzen $\tilde{\nu}_j$ verwendet werden, die in der Tabelle in der jeweiligen Spalte stehen und wir für jede einzelne Schwingung die Zustandssumme $q_{vib, j} = \frac{1}{1 - \exp \left( - \beta h c \tilde{\nu}_{j, cis} \right)}$ berechnen und dann durch das Produkt dieser die Gesamtvibrationszustandssumme $q_{vib} = \prod_j q_{vib, j}$ für $j = trans, cis, \ddagger$ bilden. Das Verhältnis der Zustandssummen, welches wir für die Berechnung der Geschwindigkeitskonstanten benötigen, ist durch Multiplikation der obigen Ausdrücke gegeben (nach der gegebenen Annahme, dass $q_t, q_e$ und $g_{\text{Kern}}$ während der Reaktion unverändert bleiben). $$ \begin{aligned} \frac{q^{\ddagger}}{q_{cis}} &= \frac{q_r^{\ddagger}}{q_{r, cis}} \frac{q_v^{\ddagger}}{q_{v, cis}} &= 0.40 \\\\ \frac{q^{\ddagger}}{q_{trans}} &= \frac{q_r^{\ddagger}}{q_{r, trans}} \frac{q_v^{\ddagger}}{q_{v, trans}} &= 0.31 \end{aligned} $$ Damit folgt durch Einsetzen dieser Werte und der gegebenen Werte für $E_0, \Delta E$ und $T$ $$ \begin{aligned} k_a &= \frac{k_B T}{h} \frac{q^{\ddagger}}{q_{cis}} \exp \left( - \frac{E_0}{RT} \right) &\approx 7.87 \cdot 10^{-12} \, \mathrm{s^{-1}} \\\\ k_b &= \frac{k_B T}{h} \frac{q^{\ddagger}}{q_{trans}} \exp \left( - \frac{E_0 - \Delta E}{RT} \right) &\approx 1.35 \cdot 10^{-11} \, \mathrm{s^{-1}} \\\\ K_c &= \frac{k_a}{k_b} \approx 0.58 & \end{aligned} $$ Da $E_0$ die Schwellenenergie für die Hinreaktion ist, ist $E_0 - \Delta E$ die Schwellenenergie für die Rückreaktion.

Morgen 3 - Prüfung Winter 2021 - Lösungen

Kinetik der Gasphasenreaktion zwischen Ozon und Alkenen (Winter 2021)

In den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts wurden die Reaktionen zwischen Ozon und ungesättigten Kohlenwasserstoffverbindungen intensiv studiert. In dieser Aufgabe soll die Kinetik des Gasphasenreaktionssystems zwischen Ozon und Alkenen (A) betrachtet werden. Aus ihren Untersuchungen leiteten Toby und Mitarbeiter das folgende Schema von Elementarreaktionen her:

$$ \begin{aligned} \ce{A + O3 &->[$k_1$] AO3} \qquad & \text{(R1)} \\ \ce{AO3 &->[$k_2$] 2R + P3} \qquad & \text{(R2)} \\ \ce{R + O3 &->[$k_3$] RO + O2} \qquad & \text{(R3)} \\ \ce{R + O2 &->[$k_4$] RO2} \qquad & \text{(R4)} \\ \ce{R &->[$k_5$] P2} \qquad & \text{(R5)} \\ \ce{RO + O3 &->[$k_6$] R + 2O2} \qquad & \text{(R6)} \\ \ce{RO + O3 &->[$k_7$] RO2 + O2} \qquad & \text{(R7)} \\ \ce{2RO2 &->[$k_8$] P3} \qquad & \text{(R8)} \end{aligned} $$

Dabei sind $\ce{P2}$ und $\ce{P3}$ stabile Produkte.

a) Bestimme unter der Annahme, dass es sich bei den angegebenen Reaktionen um Elementarreaktionen handelt, die Molekularität der Reaktionen (R1) bis (R8) und die Reaktionsordnungen bezüglich aller beteiligten Stoffe sowie total. Achte auf allfällige Stosspartner, welche im Reaktionsschema nicht explizit aufgeführt sind.

Die Ordnung aller Produkte ist jeweils 0.
(R1) ist bimolekular, Ordnung von $\ce{A}$ und $\ce{O3}$ ist 1, total 2.
(R2) ist unimolekular, Stosspartner zur Aktivierung. Die Ordnung von $\ce{AO3}$ ist 1, $\ce{M}$ 0-1, total 1-2.
(R3), (R4), (R6) und (R7) sind bimolekular, Ordnung Edukte jeweils 1, total 2.
(R5) ist unimolekular, analog zu (R2) ist die Ordnung von $\ce{R}$ 1, $\ce{M}$ 0-1, total 1-2.
(R8) ist bimolekular, Ordnung von $\ce{RO2}$ ist 2, total 2.

b) Gib die Differentialquotienten $\dd{[i]}{t}$ aller Reaktionspartner $i$ under Berücksichtigung aller Teilreaktionen (R1) bis (R8) einschliesslich der funktionalen Zusammenhänge mit den Konzentrationen $[i]$ (in $\mathrm{mol/L}$) der Teilchen $i$ in der Gasphase und der Reaktionsgeschwindigkeitskonstanten $k_j (j = 1, 2, \dots, 8)$ an. Lasse mögliche Stosspartner ausser Acht. Was sind die Einheiten der Reaktionsgeschwindigkeitskonstanten $k_j?$

Die Differentialquotienten sind: $$ \begin{aligned} \dd{[\ce{A}]}{t} &= -k_1 [\ce{A}][\ce{O3}] \\\\ \dd{[\ce{O3}]}{t} &= -k_1 [\ce{A}][\ce{O3}] - k_3 [\ce{R}][\ce{O3}] - k_6 [\ce{RO}][\ce{O3}] - k_7 [\ce{RO}][\ce{O3}] \\\\ \dd{[\ce{AO3}]}{t} &= k_1 [\ce{A}][\ce{O3}] - k_2 [\ce{AO3}] \\\\ \dd{[\ce{P2}]}{t} &= k_5 [\ce{R}] \\\\ \dd{[\ce{P3}]}{t} &= k_8 [\ce{RO2}]^2 + k_2 [\ce{AO3}] \\\\ \dd{[\ce{R}]}{t} &= 2 k_2 [\ce{AO3}] - k_3 [\ce{R}][\ce{O3}] - k_4 [\ce{R}][\ce{O2}] - k_5 [\ce{R}] + k_6 [\ce{RO}][\ce{O3}] \\\\ \dd{[\ce{O2}]}{t} &= k_3 [\ce{R}][\ce{O3}] - k_4 [\ce{R}][\ce{O2}] + 2 k_6 [\ce{RO}][\ce{O3}] + k_7 [\ce{RO}][\ce{O3}] \\\\ \dd{[\ce{RO}]}{t} &= k_3 [\ce{R}][\ce{O3}] - k_6 [\ce{RO}][\ce{O3}] - k_7 [\ce{RO}][\ce{O3}] \\\\ \dd{[\ce{RO2}]}{t} &= k_4 [\ce{R}][\ce{O2}] + k_7 [\ce{RO}][\ce{O3}] - 2 k_8 [\ce{RO2}]^2 \end{aligned} $$ Die Einheiten der Reaktionsgeschwindigkeitskonstanten sind: $$ \begin{aligned} \ [k_2] = [k_5] &= \mathrm{s^{-1}} \\\\ [k_1] = [k_3] = [k_4] = [k_6] = [k_7] = [k_8] &= \mathrm{M^{-1} \, s^{-1}} \end{aligned} $$

Toby und Mitarbeiter fanden für den Ozonabbau die Beziehung

$$ v_c = -\dd{[\ce{O3}]}{t} = k_1 [\ce{A}][\ce{O3}] + \frac{k' [\ce{A}][\ce{O3}]^2}{k_4 [\ce{O2}] + k_5} $$

c) Was sind die Reaktionsordnungen für den Ozonabbau in Bezug auf die Konzentrationen von $\ce{A}, \ce{O3}$ und $\ce{O2}?$ Was ist die Bedeutung von $\ce{O2}$ im Reaktionsschema (R1) bis (R8)?

$\ce{A}$ hat Ordnung 1, die Ordnung bzgl. den anderen Stoffen ist nicht definiert.
$\ce{O2}$ hemmt den Ozonabbau und nimmt somit die Rolle eines Inhibitors ein.

d) Das Reaktionsschema (R1) bis (R8) entspricht einer Kettenreaktion. Klassifiziere die einzelnen Reaktionen innerhalb der Kettenreaktion.

R1, R2: Kettenstart
R3, R6: Kettenträger
R4,R5,R7,R8: Kettenabbruch
Die Kette kann dann wie folgt gezeichnet werden:
Reaktionsschema

e) Schlage einen möglichen experimentellen Aufbau vor, mit welchem diese Gasphasenreaktionen untersucht werden könnten.

Falls die Reaktion langsam abläuft: Gaszelle mit spektroskopischer Detektion von $\ce{O3}.$
Falls die Reaktion schnell abläuft: Strömungsrohr mit spektroskopischer Detektion von $\ce{O3}.$

Toby und Mitarbeiter bestimmten die Reaktionsgeschwindigkeiten des $\ce{O3}$-Abbaus mit $\ce{C2H4}$ bei einer Temperatur von $30 \, ^{\circ}\mathrm{C}$ ohne Zugabe von Sauerstoff. Die Anfangskonzentrationen betrugen $[\ce{O3}] = 1.7 \cdot 10^{-6} \, \mathrm{M}$ und $[\ce{C2H4}] = 1.3 \cdot 10^{-4} \, \mathrm{M}.$ Die Reaktionsgeschwindigkeiten $v_c$ und die Ozonkonzentrationen im Laufe der Reaktion sind

$[\ce{O3}] \, / 10^{-6} \, \mathrm{M}$ $v_c \, / \, 10^{-6} \, \mathrm{M} \, \mathrm{s}^{-1}$
0.098 0.015
0.145 0.045
0.303 0.092
0.348 0.106
0.445 0.158
0.546 0.223
0.738 0.450
1.285 1.497

Wie am ersten Nachmittag gerechnet erhalten wir damit

$$ \begin{aligned} k_1 [\ce{C2H4}] \approx 0.0598 \, \mathrm{s^{-1}} \\ k' \frac{[\ce{C2H4}]}{k_4 [\ce{O2}] + k_5} \approx 801356 \, \mathrm{s^{-1} \cdot M^{-1}} \end{aligned} $$

f) Toby und Mitarbeiter haben auch Messungen bei verschiedenen Anfangskonzentrationen von $\ce{O2}$ gemacht und dabei für die Grösse $k' [\ce{C2H4}]/(k_4 [\ce{O2}] + k_5)$ folgende Werte erhalten:

$[\ce{O2}]_0 \, / 10^{-6} \, \mathrm{M}$ $k' [\ce{C2H4}]/(k_4 [\ce{O2}] + k_5) \, / \, 10^{-6} \, \mathrm{M}^{-1} \, \mathrm{s}^{-1}$
0.00 4.014
5.14 1.229
10.00 0.693
13.48 0.686
23.57 0.380
26.14 0.560
29.37 0.407

Bestimme aus diesen Messungen die Grössen $k'/k_4$ und $k'/k_5.$

Mit $$ y = \frac{k' [\ce{C2H4}]}{k_4 [\ce{O2}] + k_5} $$ erhalten wir die Linearisierung $$ \frac{1}{y} = \frac{k_5}{k' [\ce{C2H4}]} + \frac{k_4}{k' [\ce{C2H4}]} [\ce{O2}] $$ Führen wir nun eine lineare Regression $mx + b$ durch, erhalten wir $$ \begin{aligned} b &= \frac{k_5}{k' [\ce{C2H4}]} &= 0.477 \, \mathrm{M s} \\\\ m &= \frac{k_4}{k' [\ce{C2H4}]} &= 6.961 \cdot 10^4 \, \mathrm{s} \end{aligned} $$ Da $[\ce{O2}] \ll [\ce{C2H4}]$ folgt $[\ce{C2H4}] \approx [\ce{C2H4}]_0$ und $$ \begin{aligned} \frac{k_4}{k'} &\approx \frac{k_4}{k' [\ce{C2H4}]} [\ce{C2H4}]_0 &\approx 9.05 \, \mathrm{M \cdot s} \\\\ \frac{k_5}{k'} &\approx \frac{k_5}{k' [\ce{C2H4}]} [\ce{C2H4}]_0 &\approx 6.20 \cdot 10^{-5} \, \mathrm{M^2 \cdot s} \end{aligned} $$ Also $$ \begin{aligned} \frac{k'}{k_4} &\approx 0.111 \, \mathrm{M^{-1} \cdot s^{-1}} \\\\ \frac{k'}{k_5} &\approx 1.61 \cdot 10^4 \, \mathrm{M^{-2} \cdot s^{-1}} \end{aligned} $$

g) Zeige, dass unter den Annahmen $k_3 [\ce{O3}] \ll k_4 [\ce{O2}]$ und $k_6 [\ce{RO}] \ll k_1 [\ce{A}]$ für die Reaktionsgeschwindigkeit $v_c$ gilt

$$ v_c = k_1 [\ce{A}][\ce{O3}] + \frac{k' [\ce{A}][\ce{O3}]^2}{k_4 [\ce{O2}] + k_5} $$

Hinweis: Beachte, dass $\ce{AO3}, \ce{R}$ und $\ce{RO}$ hochreaktive Substanzen sind.

Bestimme einen Ausdruck für die Reaktionsgeschwindigkeitskonstante $k'.$

Wir haben das Geschwindigkeitsgesetz $$ \dd{[\ce{O3}]}{t} = -k_1 [\ce{A}][\ce{O3}] - k_3 [\ce{R}][\ce{O3}] - k_6 [\ce{RO}][\ce{O3}] - k_7 [\ce{RO}][\ce{O3}] $$ Benutzen wir Quasistationaritätsannahmen für $\ce{AO3}, \ce{R}$ und $\ce{RO}$ erhalten wir $$ \begin{aligned} \dd{[\ce{AO3}]}{t} &= k_1 [\ce{A}][\ce{O3}] - k_2 [\ce{AO3}] = 0 \\\\ &\Rightarrow [\ce{AO3}] = \frac{k_1 [\ce{A}][\ce{O3}]}{k_2} \\\\ \dd{[\ce{R}]}{t} &= 2 k_2 [\ce{AO3}] + k_6 [\ce{RO}][\ce{O3}] - (k_3 [\ce{O3}] + k_4 [\ce{O2}] + k_5) [\ce{R}] = 0 \\\\ &\Rightarrow [\ce{R}] = \frac{2 k_1 [\ce{A}] [\ce{O3}]}{-k_6 [\ce{O3}] \frac{k_3}{k_6 + k_7} + k_3 [\ce{O3}] + k_4 [\ce{O2}] + k_5} \\\\ \dd{[\ce{RO}]}{t} &= k_3 [\ce{R}][\ce{O3}] - (k_6 + k_7) [\ce{O3}][\ce{RO}] = 0 \\\\ &\Rightarrow [\ce{RO}] = \frac{k_3 [\ce{R}]}{k_6 + k_7} \end{aligned} $$ Benutzen wir weiter $k_3 [\ce{O3}] \ll k_4 [\ce{O2}],$ so folgt $$ [\ce{R}] \approx \frac{2 k_1 [\ce{A}] [\ce{O3}]}{k_4 [\ce{O2}] + k_5} $$ Addieren wir die QS-Annahme für $\ce{RO}$ zum Geschwindigkeitsgesetz für $\ce{O3}$ erhalten wir $$ v_c = -k_1 [\ce{A}] [\ce{O3}] - 2 (k_6 + k_7) [\ce{RO}] [\ce{O3}] $$ und durch einsetzen der Konzentration von $\ce{RO}$ und $\ce{R}$ das gesuchte Geschwindigkeitsgesetz mit $$ k' = 4 k_1 k_3 $$ womit wir das gesuchte Geschwindigkeitsgesetz erhalten haben.

Extra (fun) Aufgaben

Die normalen Übungen sind dir nicht genug? Da Physik spannend ist gibt es hier noch ein paar coole extra (Konzept)-Fragen. Um die Lösungen zu erhalten, schick mir doch deinen Lösungsversuch.

Konzeptfrage - Thermodynamik

Diese Aufgabe hat wenig mit dem Stoff der Vorlesung zu tun, sondern geht mehr um ein Thermodynamik-Konzept. Sie ist aber interessant und ich wollte sie euch nicht vorenthalten.

Wir betrachten zwei Eisenwürfel, beide haben eine Seitenlänge von $10\, \mathrm{cm}.$ Der Würfel $1$ liegt auf einem Tisch und der Würfel $2$ hängt an einer Schnur, die an der Decke befestigt ist. Ansonsten sind sie identisch und haben die gleiche Temperatur von $300\, \mathrm{K}.$

Skizze

Nun werden beide Würfel um $5\, \mathrm{K}$ erwärmt. Wie stehen die Energien $E_1$ und $E_2$, die fürs aufwärmen benötigt werden zueinander? Begründe deine Antwort.

Falls du die Aufgabe gemeistert hast, hier noch etwas zum weiterdenken: Wie ist es, wenn die Würfel (getrennt durch eine Wärme-Isolationsschicht) aufeinander liegen?

Säuretropfen im E-Feld

Ihr habt (oder werdet bald) in anderen Fächern den pH-Wert kennengelernt. Dieser ist definiert als $pH = -\log_{10} [H^+].$ Die Konzentration von $H^+$-Ionen in einer Lösung ist also umgekehrt proportional zum pH-Wert. Nun möchten wir dies mit unserem Wassertropfen aus der zweiten Übungsstunde verbinden. Wie stark müsste das (homogene) elektrische Feld sein, einen Tropfen 0.5-molare Salzsäure (starke Säure, vollständig dissoziiert) mit einer Masse von $0.5\, \mathrm{g}$ darin schweben zu lassen?

Säuretropfen Fortsetzung (ACHTUNG SPOILER)

Wie du hoffentlich selbst herausgefunden hast ist die obige Aufgabe zum Säuretropfen im elektrischen Feld gar nicht lösbar, da die Ladung der Protonen durch die Ladung der Chloridionen gerade ausgeglichen wird und der Tropfen somit insgesamt neutral geladen ist. Wie könntest du das elektrische Feld verändern, um den Säuretropfen trotzdem schweben lassen zu können? Spielt die HCl Konzentration nun überhaupt noch eine Rolle?

Ameisen auf einem Ast

Dies ist mehr eine Mathe/Physik Logik-Frage. Sie soll zeigen, dass auf den ersten Blick kompliziert aussehende komplexe Probleme eine simple Lösung haben können. Stellt euch vor, ihr habt einen $1\, \mathrm{m}$ langen Ast, auf dem sich $n$ Ameisen ($n$ eine beliebige Anzahl) befinden. Die Ameisen bewegen sich alle mit einer Geschwindigkeit von $1\, \mathrm{m/s}$. Wenn zwei zusammenstossen drehen sie ihre Bewegungsrichtung um und gehen so weiter. Erreicht eine Ameise ein Ende vom Ast, so fällt sie herunter. Die Frage nun: Wie würdest du die $n$ Ameisen auf dem Ast platzieren (Position und Geschwindigkeitsrichtung), damit die Zeit, bis die letzte Ameise herunterfällt, maximal ist?

Skizze für ein besseres Verständnis für $n=3$: Ants on a stick

Dimitri und sein Apfelbaum

Im Zuge der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl wurden viele umweltgefährdende Substanzen freigesetzt. In dieser Aufgabe werden wir die Radioaktivität des Isotops $^{137} \mathrm{Cs}$ betrachten, und annehmen, dass nur dieses Isotop freigesetzt wurde. Cäsium zerfällt unter $\beta^-$-Zerfall und hat eine Halbwertszeit von $t_{1/2} (^{137} \mathrm{Cs}) = 30.19\, \mathrm{a}$. Dies bedeutet, dass es $30.19\, \mathrm{Jahre}$ dauert, bis die Hälfte der jeweils vorhandenen Atome zerfallen ist.

a) Gib die vollständige Zerfallsreaktion von $^{137} \mathrm{Cs}$.

b) Berechne die Zerfallskonstante für die obige Reaktion.

Angenommen, ein halbkugelförmiges Gebiet mit einem Radius von 10 km um den Reaktor wurde mit $20\, \mathrm{kg} \, ^{137} \mathrm{Cs}$ kontaminiert. Die für Menschen zuträgliche Strahlung wird durch die Aktivität einer Probe gemessen. Die Aktivität A kann mit der Zerfallskonstante k und der Anzahl Kerne $N$ durch die Formel A = k · N berechnet werden. Die molare Masse $M(^{137} \mathrm{Cs})$ von Cäsium sei $136.9\, \mathrm{g/mol}.$ Das Volumen einer Kugel mit Radius $r$ beträgt $V = \frac{4}{3} \pi r^3.$

c) Berechne die Aktivität in $\mathrm{Bq/m^3}$ in dem $10\, \mathrm{km}$ Umkreis um den Reaktor.

Gemäss dem Schweizer Strahlenschutzgesetz von 1994, beträgt die maximal zulässige Aktivität innerhalb einer Behausung $1000\, \mathrm{Bq/m^3}$ und innerhalb von Arbeitsräumen $3000\, \mathrm{Bq/m^3}.$

d) In welchem Jahr könnten Menschen gemäss dem oben zitierten Gesetz wieder in dem $10\, \mathrm{km}$ Umkreis um den Reaktor arbeiten? Wann könnten sie wieder dort wohnen?

Dimitri, eine fiktive Person, war ausser Landes gewesen, als sich die Katastrophe ereignete. Trotz aller Warnungen seiner Familienmitglieder kehrte er ein Jahr nach der Katastrophe dorthin zurück, um zu schauen, ob sein geliebter Apfelbaum überlebt hatte. Da der Baum lange Zeit in dem kontaminierten Gebiet war, hat sich ein Gleichgewicht eingestellt, in dem er $0.01\, \mathrm{ppm}$ $(\mathrm{ppm} = 10^{-6} )$ der gegenwärtig existierenden Menge an $^{137} \mathrm{Cs}$ im kontaminierten Gebiet enthält. Es wird angenommen, dass die Kontamination gleichmässig über den ganzen Baum verteilt ist.

Dimitri nahm den Baum in ein sicheres Land mit. Um seine Gesundheit besorgt, fand Dimitri heraus, dass die maximale radioaktive Aktivität in Nahrungsmitteln kleiner als $600\, \mathrm{Bq/kg}$ sein muss. Folglich wog er den Apfelbaum und erhielt eine Masse von $5000\, \mathrm{kg}.$ Da es ein alter Baum ist, kann Wachstum vernachlässigt und die Masse als konstant angenommen werden. Ferner weiss er, dass $250\, \mathrm{kg}$ Äpfel pro Jahr produziert wurden und dass das radioaktive Material nach wie vor über den ganzen Baum gleichmässig verteilt ist.

e) Wann kann Dimitri wieder seine Äpfel geniessen, wenn er nur die Halbwertszeit von $^{137} \mathrm{Cs}$ berücksichtigt?

Dimitri war traurig, dass es so lange dauern würde. Deshalb recherchierte er ein wenig mehr und fand heraus, dass die Abnahme an Aktivität schneller erfolgt als mit der gegebenen Halbwertszeit. Der Baum verliert nämlich jedes Jahr kontaminierte Äpfel, so dass sich die Menge an $^{137} \mathrm{Cs}$ schneller verringert als durch die Halbwertszeit gegeben.

f) Wie lange muss Dimitri jetzt warten, bis seine Äpfel ohne Gefahr gegessen werden können?

g) Dimitri ist jetzt $20\, \mathrm{Jahre}$ alt. Denkst du, dass er seine geliebten Äpfel eines Tages wieder essen kann?

Atome in einem Wassertropfen

Falls wir die Moleküle in einem Wassertropfen alle der Länge nach anordnen, wie lange schätzt du würde die Kette etwa werden? (Stelle vernünftige Annahmen).

Künstliche Gravitation

Wie aus der Gleichung $F_G = G \frac{m_1 m_2}{r^2}$, wird die Gravitationskraft in einer Raumstation, welche die Erde mit konstanter Geschwindigkeit in grosser Höhe umkreist vernachlässigbar klein. Da dies für Menschen nicht besonders angenehm ist, wird in einigen Filmen und Serien eine künstliche Gravitation erzeugt, indem die Raumstation wie eine Hantel geformt ist und sich dreht (Siehe Skizze).

artificial gravity illustration

Was für einen interessanten Effekt wird ein Astronaut erfahren, der sich von einem Ende zum anderen Ende der Raumstation bewegt?

Schrödingers Katze - Weiterführung

Im Unterricht habt ihr das Gedankenexperiment Schrödingers Katze kennengelernt. In diesem Experiment wird eine Katze in eine Kiste gesperrt, in der sich eine radioaktive Substanz befindet. Diese Substanz hat eine 50%ige Wahrscheinlichkeit, zu zerfallen. Wenn sie zerfällt, wird ein Giftgas freigesetzt, das die Katze tötet. Wenn sie nicht zerfällt, bleibt die Katze am Leben. Da wir nicht wissen, ob die Substanz zerfällt oder nicht, befindet sich die Katze in einer Superposition aus lebendig und tot, wird also beschrieben durch die Wellenfunktion $\Psi = \frac{1}{\sqrt{2}} \left( \Psi_{\text{lebendig}} + \Psi_{\text{tot}} \right)$. Öffnen wir nun die Kiste, so sehen wir die Katze entweder lebendig oder tot und sagen, dass die Wellenfunktion in den Zustand $\Psi_{\text{lebendig}}$ oder $\Psi_{\text{tot}}$ kollabiert ist.

Was passiert mit der Wellenfunktion, wenn wir die Kiste öffnen aber nicht nachschauen, ob die Katze lebt oder tot ist?

Quantencomputer

In einem regulären Computer werden sämtliche Informationen durch sogenannte Bits repräsentiert. Ein Bit hat zwei mögliche Zustände und wird meist als 0 oder 1 dargestellt. Physikalisch wird das realisiert, indem ein elektrisches Potential entweder oberhalb oder unterhalb eines Grenzwertes liegt.

Auch Quantencomputer arbeiten in der Regel binär, allerdings werden die Informationen hier durch sogenannte Qubits repräsentiert. Genau wie wir es im Gedankenexperiment zur Schrödingers Katze gesehen haben, können Qubits sich in einer Superposition der beiden möglichen Zustände (0 und 1) befinden, sie können also gleichzeitig 0 und 1 sein. Auch bei Rechnungen verhält sich unser Qubit noch so, als wäre es in beiden Zuständen gleichzeitig. Betrachten wir also mal ein Beispiel aus 3 Qubits, welche jeweils die Zustände 0 und 1 annehmen können. Dann repräsentiert unser Quantencomputer gleich alle 8 möglichen Zustände gleichzeitig. Das ist natürlich sehr praktisch, da wir so alle 8 Rechnungen mit nur dem Aufwand von einer Rechnung durchführen können! Das Ergebnis ist dann ebenfalls eine Superposition der 8 möglichen Ergebnisse. Um das Ergebnis zu erhalten, müssen wir die Superposition kollabieren lassen, indem wir die Qubits auslesen. Das Ergebnis ist dann ein Ergebnis aus den 8 möglichen Ergebnissen. Wir können also nicht gezielt ein bestimmtes Ergebnis erhalten, sondern nur die Wahrscheinlichkeit für ein bestimmtes Ergebnis erhöhen. Jedoch bringt das enorme Vorteile, wenn wir viele Rechnungen nacheinander durchführen wollen (und dabei die Zwischenresultate nicht auslesen).

Angenommen, unser Quantencomputer wäre nun grosses Molekül mit ganzen 400 Qubits. Wie viele Zustände kann es dann gleichzeitig repräsentieren? Das ganze funktioniert aber nur, wenn das Molekül nicht mit der Umgebung interagiert, das heisst es darf z.B. nicht mit der Wand zusammenstossen. Wieso wäre das ein Problem?

Kochender Eiswürfel

In einem Mikrowellenofen werden Nahrungsmittel aufgewärmt, indem sie mit Mikrowellen bestrahlt werden. Die Mikrowellen führen dazu, dass die polaren Wassermoleküle rotieren oder schwingen. Durch die Reibung mit dem umgebenen Material wird ein Teil dieser kinetischen Energie zu Wärme umgewandelt und die Temperatur des Essens wird erhöht.

Betrachte nun einen (beliebig grossen) Eiswürfel mit einem Loch in der Mitte, das mit flüssigem Wasser gefüllt ist. Ist es theoretisch möglich das Wasser im Eiswürfel mit einem Mikrowellenofen zum kochen zu bringen, während der Eiswürfel intakt bleibt?

Relativistische Energie eines Photons

Nach der speziellen Relativitätstheorie ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Licht gleich. Betrachte ich zum Beispiel einen auf mich zukommenden Lichtstrahl während ich mich selbst mit hoher Geschwindigkeit auf die Quelle hinzu bewege, so scheint er (in meinem Ruhesystem) mit der gleichen Geschwindigkeit auf mich zuzukommen, wie wenn ich stehen bleiben würde - Im Gegensatz zu z.B. einem Fussball: Bewege ich mich auf einen Fussball zu, so kommt er (in meinem Ruhesystem) mit einer höheren Geschwindigkeit auf mich zu, als wenn ich stehen bleiben würde.

Wie steht es aber mit der Energie und dem Impuls eines Photons? Betrachte ich einen auf mich zukommenden Fussball wenn ich darauf zurenne, so hat er (in meinem Ruhesystem) eine höhere Energie und einen höheren Impuls, als wenn ich stehen bleiben würde. Ist das auch bei einem Photon der Fall?

Weihnachtsbaum - Massenherkunft

Angenommen wir kaufen uns einen Weihnachtsbaum mit einer Masse von $100\, \mathrm{kg}$. Woher hat sich der Baum diese Masse angeeignet? Also woraus sind diese $100\, \mathrm{kg}$ Holz entstanden, die wir nun in unser Wohnzimmer stellen? Hinweis: Wird der Baum noch schwerer, während er im Wohnzimmer steht?

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Anki Karten

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